Die als Schlüsselwerk der Kybernetik bekannt gewordenen Laws of Form von George Spencer-Brown (1969) lassen sich zur Analyse moderner digitaler Infrastrukturen in unserem Arbeitskontext nutzen, um neue Methoden und Theorien zu entwickeln. Dies ist einer der Beiträge des Artikels, der im Februar 2022 im Journal Information and Organization (Elsevier) erschienen ist. Ein Ko-Autor ist GWS-Mitglied Sven-V. Rehm.
Die fortschreitende Digitalisierung hat unser Verständnis von Technologie als einzelne Geräte, Datenbanken oder Anwendungssoftware verändert – wir nehmen diese heute wahr als sich dynamisch verändernde Umgebungen, also Cloud, Metaverse, IoT, KI, eingebettete Systeme usw., in denen vielfältige Nutzungsarten und informationstechnische Prozesse miteinander verflochten sind. Diese in der wissenschaftlichen Literatur als sociomaterial bezeichneten Verflechtungen bestimmen den Erfolg unserer digitalisierten Arbeitswelten (DAW). DAW sind heute viel zu komplex geworden, um sie so zu definieren, wie wir es in der Vergangenheit mit “IT-Artefakten” getan haben. Für die Forschung macht diese Entwicklung das Studium von DAW zunehmend schwieriger und erfordert die Weiterentwicklung von Methoden, mithilfe derer sich die Dynamik der DAW besser beobachten und konzeptualisieren lässt.
In einem vor Kurzem von GWS-Mitglied Sven-V. Rehm mit verfassten Artikel verwenden die Autoren den mathematisch-logischen Formalismus der Laws of Form (LoF) (Spencer-Brown, 1969) für die Analyse sechs illustrativer Studien. Dort wird untersucht, wie jeweils soziale und materielle Aspekte konzeptualisiert werden, um zu unterschiedlichen Perspektiven auf DAW zu gelangen. Die Analyse zeigt drei Archetypen der Beobachtung und Konzeptualisierung auf, die eine Diskussion darüber anregen, wie die Forschung zu neuen Informationssystemen neue qualitative Methoden entwickeln kann.
Der Artikel bietet zum einen neue Einblicke in das aktuelle Verständnis von DAW und Erklärungen zu Schlüsselkonzepten. Zum anderen werden die Laws of Form – als eines der Schlüsselwerke u.a. im Hinblick auf das Konzept der Beobachtung – als prä-ontologischer und prä-theoretischer Formalismus vorgestellt, der die Kommensurabilität von Methoden und die Entwicklung neuer qualitativer empirischer Methoden ermöglicht. Dabei wird aufgezeigt, wie der Formalismus hilft, Unterscheidungen bezüglich des Untersuchungsgegenstandes zu artikulieren und zu verfeinern – und die Argumentation anderer Forscher/-innen kritisch zu untersuchen und zu rekonstruieren.
Der Beitrag kann hier gelesen werden.
Reference: Rehm S-V, Goel L, Junglas I (2022) Researching digitalized work arrangements: A Laws of Form perspective. Information and Organization:100391. DOI: 10.1016/j.infoandorg.2022.100391 .