Falko Wilms

Sich beobachtende Beobachter

Die Kybernetik zweiter Ordnung und die Theorie sozialer Systeme kreisen um Fragen von Beobachtung, Kommunikation und Entscheidung. Grundprämisse ist, dass die Anwendung eines Regelwerkes eine daraus resultierende Wirklichkeit konstruiert.
Für die Interpretation von bewirkten Resultaten von eigenen und fremden Handlungen sind die Entstehungsbedingungen und die Grenzen der Gültigkeit des jeweils benutzten Regelwerkes maßgeblich.
Die systemtheoretische BWL knüpft hier an; sie stellt das fachübergreifende, rationalitätsorientierte Denken von Beobachtern ins Zentrum. Die Beobachter sind durch soziale Systeme miteinander verbunden, die aus aufeinander verweisenden Kommunikationen bestehen.

Für den Blick auf gemeinsame Entscheidungen ist maßgeblich:
a) Entscheidungen werden nicht ausgerechnet, sondern von Beobachtern ausgehandelt
b) Alles was kommuniziert wird, wird von einem Beobachter zu einem Beobachter  kommuniziert
Um dies zu analysieren wird der Formkalkül von Spencer-Brown angewandt, der Kommunikation versteht als unterscheiden und bezeichnen im Kontext von Unterscheidungen, die von Beobachtern getroffen werden. Der Kalkül erzeugt etwas, das er aber keinesfalls repräsentiert.

Diese Initiative innerhalb der GWS verfolgt das Ziel, die unterschiedlichsten Sachzusammenhänge mit den Mitteln der Kybernetik 2. Ordnung zu analysieren, um Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Ein Kernziel der Initiative ist, durch Anwendungen der Laws of Form (oft abgekürzt mit LoF)
1) Sichtweisen unterschiedlicher Stakeholder auf einen zu Sachverhalt dokumentieren
2) Entstehungsbedingungen (der Ergebnisse) einzelner Beobachtungen offenzulegen
3) eine argumentierbare integrative Darstellung von Sachverhalten zu generieren, deren Autorität für die zu rechtfertigen ist.

Der Austausch über das Zustandekommen eigener und fremder Beobachtungen bewirkt ein wechselseitiges Verständnis von Erkenntnissen, Standpunkten und Meinungen. So gelingt die aufeinander abgestimmte Weiterentwicklung von arbeitsteiligen Wertschöpfungsprozessen. Mittelfristig wird damit auch die Kompetenz zur Gestaltung vernetzter Wertschöpfungs-Partnerschaften gefördert, was einer Förderung der kollektiven Intelligenz der Prozessbeteiligten gleichkommt.

Sowohl Hinweise auf themenbezogene Beiträge als auch passende Materialien werden angenommen. Wenn Sie sich als GWS-Mitglied oder externe/-r Interessierte/-r beteiligen möchten, wenden sie sich bitte an den Vorstand der GWS.

Falko Wilms

Praxis und Theorie sind Schwestern

Praktiker richten ihr Tun an bekannten situativen Gegebenheiten aus und stellen das praktische Handeln über die theoretische Vernunft. Sie benutzen eine Theorie nur, wenn die praktischen Konsequenzen zum erwünschten Ziel führen. Sie übersehen zumeist, dass ihr praktisches Tun in bedeutendem Maße von den Rahmenbedingungen abhängt.

Theoretiker hingegen orientieren sich an eigenen und fremden Denkvorgängen, die zum Aufbau von Erkenntnissen vollzogen werden und worden sind. Weil die Gültigkeit von Regeln und daraus abgeleiteten Erkenntnissen immer auch kontextabhängig ist, werden nützliche und verunmöglichende Kontexte in die Überlegungen einbezogen!

Das Formenkalkül von Spencer-Brown kann die unterschiedliche Vorgehensweisen von Praktikern und Theoretikern, die eine reflexive Anwendungsorientierung von anderem unterscheiden und sie als den Unterschied reproduzieren, den die Anwendungsorientierung macht, notierten. Dadurch werden die (kognitiven) Unterscheidungen zugänglich, die ein Beobachter trifft, um den Unterschied zwischen Theoretikern und Praktikern zu bezeichnen, den er von anderen Sachzusammenhängen unterscheidet.

Die in der obigen Abbildung gezeigten Notationen sind von oben nach unten folgendermaßen zu lesen: Die Anwenderorientierung unterscheidet zwischen Praxis und Theorie, bedarf des wechselseitigen Bezugs von Praxis und Theorie, versteht praktische Handlungen als Ausfluss von Theorie und bezieht daher Theorie auf die konkrete Umsetzung in der Praxis. Jede reflektierte Handlungsorientierung hat gegebene Rahmenbedingungen (Kontextsensitivität) zu beachten und dient einem Zweck. Kurzum: Theorieorientierte Praxis und praxisorientierte Theorie sind zwei sich gut vertragende Schwestern! Beide kommen immer zusammen zu Besuch.

Sven-Volker Rehm

Metaverse und Internet-of-Things

Was kann das Metaverse für die Wirtschaft leisten? Wie können die Möglichkeiten des IoT in Zusammenarbeit mit IoT-Service-Providern nutzbar gemacht werden? GWS-Mitglied Sven-V. Rehm untersucht derzeit in einem Team internationaler Forscherkollegen/-innen, wie die Potenziale dieser neuartigen digitalen Technologien beschreibbar gemacht werden können. Interessierte können im Rahmen von Roundtable-Gesprächen partizipieren.

Die Erfahrungen der vergangenen Jahre im Kontext der Digitalen Transformation haben gezeigt, dass das Management technologischer Innovation immer wieder die Rolle von Infrastrukturen, Architekturen, Integrationen und Partnerbeziehungen im Hinblick auf mögliche neue, datengetriebene Services in Frage stellen muss. Wo stehen wir heute im Hinblick auf die systematische, zielorientierte Nutzbarmachung von IoT, IIoT und Geschäftsbeziehungen in Geschäfts-Ökosystemen?

Ein Kernziel des Projektes ist es, mithilfe von Roundtable-Gesprächen in einer Positionsbestimmung Erkenntnisse über die Herausforderungen bei der Entwicklung von IoT-Lösungen zu gewinnen. Welche Mechanismen behindern oder befördern neue Möglichkeiten? Was sind die „pain points“ in der Entwicklung und Gestaltung neuer Lösungen? Wie kommt man von prinzipiellen Möglichkeiten der Datensammlung und -bereitstellung zur Lösung, zum System, zum Business Case? Welche Rolle spielen dabei Firmenkultur, inklusive agiler Methoden, rechtliche Rahmenbedingungen oder Flexibilität für neue Partnerschaften?

Auf dieser Basis soll eine Landkarte erstellt werden, auf der Mechanismen und Lösungsmuster gegeneinander abgegrenzt werden, die sich im Rahmen der sogenannten API-Economy oder des (Industriellen) Internet der Dinge als zielführend erwiesen haben. Diese Landkarte soll sowohl für die Firmen auf Anbieterseite als auch für die Seite der Integration, etwa IoT-Integratoren, hilfreich sein. Mittelfristig soll so eine neue Kompetenz zur Gestaltung vernetzter Innovations-Partnerschaften gefördert werden.

Aus Sicht der Wirtschaftskybernetik ermöglicht das Projekt die Untersuchung, wie die Potenziale digitaler Infrastrukturen von den sie nutzenden Unternehmen und Personen erkannt und in Systemen umgesetzt werden können. Hierbei ist zu beachten, dass die System-Bildung ggf. automatisert geschieht und die potenziellen Eingriffsmöglichkeiten vieler Personen im Sinne der kollektiven Intelligenz ubiquitär verteilt sind.

Das Team umfasst Forscher/-innen der Universität Strasbourg, TU München, Univ. of North Florida (USA), College of Charleston (USA) und Maynooth University, Irland.

Wenn Sie Interesse haben, an Roundtable-Gesprächen teilzunehmen, senden Sie uns hierzu bitte eine kurze E-Mail an GWS-Mitglied Sven-V. Rehm

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