Am 23. Juli 2025 fand das 4. SynergyLab der GWS e.V. statt – erneut ein Raum für reflektierten, interdisziplinären Austausch rund um kybernetisches Denken und kollektive Intelligenz. Diesmal stand das Werk des Systemdenkers Frederik Vester im Mittelpunkt, vorgestellt und eingeordnet von Prof. Dr. Falko Wilms (Hochschule Vorarlberg).
Vester – mehr als Matrixdenken
Unter dem Titel „Wirkungsgefüge, Einflussmatrix und Schlüsselvariablen – Was Vester anders macht als seine Nachahmer“ zeigte Wilms auf, worin die Besonderheit des Vester’schen Ansatzes liegt: Nicht nur das Tool (die bekannte Einflussmatrix), sondern die dahinterliegende kybernetische Haltung, das vernetzte Denken und die Verantwortungsperspektive stehen im Zentrum.
Zentrale Impulse:
Wirkungsgefüge machen nicht nur Strukturen sichtbar, sondern erklären funktionale Zusammenhänge.
Einflussmatrizen dienen nicht der Dekoration, sondern der systematischen Bewertung von Handlungsoptionen.
Schlüsselvariablen helfen, das Wesentliche zu erkennen: Was wirkt stark und ist beeinflussbar?
Vester dachte Kybernetik als Gestaltungslehre – gegen mechanistische Steuerungsfantasien.
Seine Methode setzt auf Verständigung, Transparenz und Beteiligung, nicht auf technokratische Modellierung.
Heutige „Systemtools“ greifen zwar Begriffe auf – aber oft ohne die reflexive Tiefe.
Die Diskussion zeigte: Vesters Denken ist hochaktuell – gerade in Zeiten komplexer Entscheidungsdilemmata.
Offenheit trifft Tiefe
Das 4. SynergyLab war geprägt von einer erkenntnisorientierten Diskussion – mit Teilnehmern aus Systemforschung, Praxisberatung und Organisationsentwicklung. Besonders intensiv wurde über die ethische Dimension systemischer Methoden gesprochen: Wie ermöglichen wir verantwortlichere Entscheidungen in komplexen Umwelten?
Systemisches Denken weiterdenken
Die GWS versteht die SynergyLabs als lebendige Orte der Verständigung – nicht über Theorien allein, sondern über ihre Bedeutung für die Welt, in der wir handeln. Das Werk von Frederik Vester bleibt dabei eine zentrale Inspirationsquelle.
📅 Das nächste SynergyLab findet im Herbst 2025 statt – mit neuem Impuls, neuer Perspektive, neuer Gelegenheit zum Weiterdenken.
Am 25. Juni 2025 fand das 3. SynergyLab der GWS e.V. statt – ein offenes Gesprächsformat für alle, die systemisches Denken, kollektive Intelligenz und kybernetische Perspektiven auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen vertiefen möchten. Dieses Mal war Adrian Brozek (KU Leuven) als Impulsgeber zu Gast.
Politik als komplexes System – eine kybernetische Betrachtung
Unter dem Titel „Krieg, Klima, Krankenhausreform – Eine kybernetische Betrachtung politischer Wirklichkeitskonstruktion“ eröffnete Adrian Brozek einen tiefgehenden Dialog über den Zusammenhang zwischen Narrativen, Rückkopplungseffekten und politischer Steuerung. Dabei rückte er die Frage ins Zentrum, wie sich Wirklichkeit in politischen Prozessen durch Sprache, Kommunikation und institutionelle Reaktionen konstruiert – und welche Rolle kybernetisches Denken dabei spielen kann.
Zentrale Erkenntnisse des Abends:
Narrative wirken nicht beiläufig, sondern strukturieren politische Realität.
Rückkopplung geschieht sozial: durch Meinungsbildung, Medien, Wahlergebnisse, Protest.
Komplexe Systeme lassen sich nicht linear steuern – es braucht reflexive, adaptive Formen der Governance.
Kybernetische Begriffe wie „Beobachtung zweiter Ordnung“ oder „Systemgrenze“ sind hilfreich, um politische Dynamiken mehrdimensional zu verstehen.
Politik ist auch Kommunikation über Handlung – wer welche Geschichten erzählt, hat Einfluss.
Die Grenzen von Systemen entstehen durch Diskurse, Machtverhältnisse und Wahrnehmungen.
Politische Steuerung muss mit Unsicherheit, Verzögerung und unvollständigem Feedback umgehen.
Policy-Making ist kein Umsetzungsplan, sondern ein kontinuierlicher, diskursiver Prozess.
Reger Austausch im offenen Format
In der Diskussion wurde deutlich, wie vielfältig die Perspektiven auf politische Wirklichkeit sind – von der politischen Praxis über Governance-Forschung bis hin zur Systemtheorie. Die Teilnehmenden diskutierten Fragen wie:
Was kann Kybernetik zur Beobachtung politischer Diskurse beitragen?
Wie lassen sich narrative Rückkopplungseffekte empirisch untersuchen?
Inwieweit sind klassische Steuerungsbilder heute noch tragfähig?
Dabei zeigte sich: Die Kybernetik bietet keinen festen Werkzeugkasten, sondern ein reflexives Denkmodell für komplexe gesellschaftliche Prozesse – mit hohem Potenzial für interdisziplinäre Kooperation.
Mehr erfahren & mitgestalten
Die SynergyLabs der GWS sind offen für alle, die systemische Ansätze in Gesellschaft, Politik und Organisationen weiterdenken möchten. 📅 Das nächste Lab findet am 23. Juli 2025 statt – mit neuen Impulsen und wieder Raum für Austausch, Perspektiven und Querdenken.
Bildnachweis: Gedenkstunde zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai 2025: Übersicht des Plenarsaals während der Begrüßungsansprache von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, CDU/CSU, MdB. Ort: Reichstagsgebäude, Plenarsaal, Berlin / Deutschland. Aufgenommen: 08. May 2025, 12:39 Uhr. Bildnummer: 5025248. Fotograf/in: Thomas Köhler / photothek. Dieses Bild darf für private und kommerzielle nicht-werbliche Zwecke genutzt werden. Die Verwendung des Bildes in sozialen Medien ist gestattet.
13 Teilnehmende aus Wissenschaft, Beratung und Praxis diskutierten im Rahmen des GWS-SynergyLab am 30. April 2025 über zentrale Spannungsfelder in der dynamischen Modellierung von Organisationen. Ausgangspunkt war ein Impulsvortrag von Prof. Dr. Andreas Größler (Universität Stuttgart) mit dem Titel: „Lieber nicht so genau und dafür relevant? Zielkonflikte der dynamischen Modellierung in Organisationen“
Relevanz schlägt Genauigkeit?
Prof. Größler stellte die These zur Diskussion, dass Modelle nicht zwangsläufig „richtig“ sein müssen, um nützlich zu sein. Organisationale Modelle, etwa im Bereich strategischer Planung oder Policy Design, müssen oft komplexe Zusammenhänge verständlich machen – nicht bis ins letzte Detail abbilden. Dies führt zu einem grundlegenden Zielkonflikt: Wie genau darf ein Modell sein, bevor es zu unverständlich wird – und wie ungenau darf es sein, um noch als relevant zu gelten?
Kernthemen der Diskussion
In der anschließenden offenen Gesprächsrunde wurden zahlreiche Aspekte aufgegriffen – aus methodischer, praktischer und erkenntnistheoretischer Sicht:
🔄 Zielkonflikte: Modelle müssen für Entscheidungen relevant sein, aber auch nachvollziehbar bleiben. Zu viel Präzision kann abschrecken.
🧠 Lernen statt Vorhersagen: Simulationen entfalten ihren größten Wert, wenn sie Verständnis fördern, nicht wenn sie exakte Prognosen liefern.
👥 Beteiligung und Akzeptanz: Modellnutzung hängt stark davon ab, ob Stakeholder im Erstellungsprozess einbezogen wurden.
🧩 Komplexitätsreduktion: Modelle sind immer Vereinfachungen. Die Kunst liegt darin, das Relevante zu erfassen und das Irritierende wegzulassen.
🧾 Validität neu denken: Ein Modell kann auch dann nützlich sein, wenn es nicht vollständig datengestützt ist – solange es plausibel, transparent und anschlussfähig ist.
Warum dieses Gespräch wertvoll war
Die GWS versteht das SynergyLab als Denkraum: Hier treffen Menschen zusammen, die systemisches Denken nicht nur anwenden, sondern auch hinterfragen und weiterentwickeln wollen. Diese Veranstaltung zeigte eindrucksvoll:
wie stark Theorie und Praxis voneinander profitieren können,
wie produktiv das Ringen um Verständlichkeit und Wirkung ist,
und wie wichtig es ist, gemeinsam mit Unsicherheiten umzugehen, statt sie zu verstecken.
Interesse geweckt?
Das Thema bleibt aktuell – in der Wissenschaft, in der digitalen Transformation und in der Gestaltung von Organisationen und Politik. 📧 Kontakt:office@gws-kybernetik.org 🔗 Weitere Veranstaltungen unter: gws-kybernetik.org und synergylab.space
Der Begriff Komplexität verkommt im Businesskontext immer mehr zu einem Buzzword. Aber was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff, der sich deutlich von der umgangssprachlich oft synonym verwendeten Kompliziertheit abgrenzt? Und noch viel wichtiger: wie sieht ein erfolgreicher Umgang mit Komplexität aus?
Die Wurzeln des Begriffs finden sich im Lateinischen: “complexus” bedeutet “miteinander verflochten”.
Der Begriff Komplexität selbst hat seit den 1970er Jahren Eingang in die Umgangssprache gefunden und wird dort seither sehr undifferenziert verwendet. Es gibt unterschiedliche Ansätze und Auffassungen von Komplexität. Dies spiegelt wider, dass Komplexität subjektiv ist und vom Kontext, den Akteuren und den Beobachtern abhängt.
Hans Ulrich (1988, 2001), ehemaliger Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen, drückt sein Verständnis von Komplexität wie folgt aus: Komplexität ist die Fähigkeit eines Systems, in kurzen Zeiträumen eine große Anzahl verschiedener Zustände anzunehmen. Maschinen sind „triviale“ Systeme, deren Verhalten vorbestimmt und vorhersehbar ist. Ökologische und soziale Systeme sind komplexe, „nicht-triviale“ Systeme, deren Verhalten zu bestimmten Zeitpunkten nicht vorhersehbar ist.
Als Faustregel bedeutet Komplexität, dass ein System viele Elemente, Beziehungen und Zustände aufweist, die sich im Laufe der Zeit verändern. Diese Veränderungsmöglichkeit wird über die Varietät erfasst. Varietät ist laut Stafford Beer (1985) eine Maßzahl für Komplexität, da diese die Anzahl der möglichen Zustände eines Systems widerspiegelt.
Auch das Cynefin-Modell ist ein populärer Ansatz zur Darstellung von Komplexität im Systemkontext. Es stammt von Dave Snowden (2007), einem Unternehmensberater und Forscher aus Wales. Das Modell differenziert zwischen den vier Ausprägungen einfach, kompliziert, komplex und chaotisch (Snowden & Boone, 2007).
Diese wenigen, exemplarischen Definitionen verdeutlichen, dass der Umgang mit Komplexität kein einfaches Unterfangen ist. Jedoch kann in Annäherung an Ashby´s Law of Requisite Variety festgestellt werden, dass, je komplexer eine Situation ist, desto mehr Personen, Disziplinen und Methoden erforderlich sind, um erfolgreich mit eben dieser Situation umzugehen.
Wofür nutzt es?
Um herauszufinden, wie im Unternehmen erfolgreich mit Komplexität umgegangen werden kann, empfiehlt sich die Nutzung des Viable System Models (VSM) nach Stafford Beer. Dieses Modell orientiert sich an Informationsstrukturen, wie sie in der Natur durch Evolution geschaffen wurden. Dies stellt beispielsweise Fredmund Malik mit folgender Aussage heraus: „Komplexität zu meistern und dadurch die Logik der Evolution als Vorteil auf seiner Seite zu haben, macht das Management von und in komplexen Systemen beinahe zum Vergnügen“ (Hetzler, 2010).
In der praktischen, industriellen Anwendung bedeutet erfolgreicher Umgang mit Komplexität effektives Projektmanagement, Troubleshooting und meist auch Kosteneffizienz. Letztere wird aufgrund der Globalisierung und zunehmenden weltweiten Vernetzung sukzessiv immer wichtiger wird, um die Wettbewerbsfähigkeit weiterhin zu gewährleisten.
Welche praktischen Anwendungen gibt es?
Die komplexen Anforderungen im Unternehmen erlebe ich täglich bei meiner Tätigkeit im Sondermaschinenbau. Dazu gehören zum einen die kontinuierliche Verbesserung von Maschinen und Anlagen – und zum anderen die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten von Menschen und Prozessen. Beides muss aufeinander abgestimmt und bei gleichzeitig wirtschaftlicher, wettbewerbsfähiger Preisgestaltung gemanagt werden. Dies erfordert eine aufwandsgerechte Ressourcenallokation, aber es muss auch der Ist-Zustand mit Entwicklungs- und Verbesserungspotenzialen aufgezeigt werden. Um hierzu eine rationale Bewertungsgrundlage zu definieren, wurde bei uns im Unternehmen eine Abstufung in drei Komplexitätsstufen anhand von insgesamt zehn Kriterien entwickelt. Zu diesen Kriterien zählen:
Kosten,
Termine,
Risiko,
Genauigkeitsgrad,
Messung,
erforderliche Qualifikationen,
Projektmanagement,
Dokumentation,
Abwicklung,
Zertifizierungen.
Die Kriterien werden in drei aufeinander aufbauende Komplexitätsstufen (Stufen 1-3) mit Hilfe jeweils untergeordneter Kennzahlensysteme differenziert, wie die Abbildung zeigt:
Die Zuordnung zur jeweiligen Teilkomplexitätsstufe (farbig markiert) ergibt sich aus den Werten, die bei der Berechnung bzw. Auswertung der zugeordneten Kennzahlen erzielt werden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass einzelne Kennzahlen sowie Kriterien aufgrund ihrer Gewichtung die Summe der übrigen Kriterien übersteuern können. Die Anwendung der Komplexitätsstufen erlaubt somit sowohl die genaue Betrachtung und Bewertung eines Projekts im Kontext des risikobasierten Ansatzes des Qualitätsmanagements als auch die Möglichkeit zur Positionierung des Unternehmens in einem zukunftsfähigen und – hinsichtlich des Wachstums – vielversprechenden Marktbereich.
Wo gibt es weiterführende Informationen zu dem obigen Text?
Ashby, R. W. (1985). Einführung in die Kybernetik (2. Auflage ed.). Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Beer, S. (1985). Diagnosing the System for Organizations. Chichester: John Wiley & Sons.
Hetzler, S. (2010). Real-Time Control für das Meistern von Komplexität. Frankfurt am Main: Campus VerlagGmbH.
Frahm, M. und Roll, C. (2022). Designing Intelligent Construction Projects. Chichester: John Wiley & Sons.
Snowden, D. und Boone, M. (2007). A leader’s framework for decision making. https://hbr.org/2007/11/a-leaders-framework-for-decision-making
Ein Austausch zum Thema ist möglich mit:
Frau Carola Roll, Strategie- und Nachhaltigkeits-Managerin bei JELBA Werkzeug- u. Maschinenbau GmbH & Co. KG
Die Unternehmenskultur fasst die Normen und Werte, Einstellungen, Haltungen und Verhaltensmuster zusammen, die im Unternehmen gelebt werden oder gelebt werden sollen. Fünf Erfahrungen zeigen, dass Überzeugungen und insbesondere Werte heute wesentlich stärker berücksichtigt werden müssen, als das im letzten Jahrhundert nötig war.
Grundlagen: Wozu die Beschreibung der Unternehmenskultur -Nice to have? Die Beschreibung soll einerseits das Unternehmen nach außen mit seine Stärken darstellen. Corporate Identity, die in vielen Facetten umgesetzt werden kann, soll das Unternehmen von anderen Unternehmen positiv abheben. Andererseits sollen mit den normativen Aussagen der Unternehmenskultur im Unternehmen die Rahmenbedingungen beschrieben werden, die bei Entscheidungen und Verhalten immer und überall im Unternehmen berücksichtigt werden sollen.
Umsetzung: In vielen Unternehmen konkretisiert sich Unternehmenskultur durch ein Leitbild und Führungsgrundsätze. Im Leitbild wird der Zweck des Unternehmens in Form von Nutzenversprechen gegenüber seinen Anspruchsgruppen dargelegt. Führungsgrundsätze sollen eine einheitliche Grundlage für das unternehmensweit gewünschte Führungsverhalten und die Zusammenarbeit schaffen. Die Inhalte sind in nahezu allen Unternehmen sehr ähnlich. Letztendlich sollen diese Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass Unternehmen kurz-, mittel- und langfristig erfolgreich sind. Das trifft für alle Unternehmen zu.
Werte als Herausforderung: Wenn die Kultur dafür geeignete Grundlagen enthält ist alles gut. Soll sie verändert werden, müssten auch Werte verändert werden. Die Werteforschung belegt, dass das äußerst langwierig ist. Wenn dazu mehr als fünf Jahre notwendig sind, dann benötigen Kulturveränderungen eine Strategie und Zwischenschritte.
Kulturentwicklung: Kulturveränderungen benötigen einen Entwicklungsprozess. Zuerst müssen sicherlich die Inhalte der beschriebenen Soll-Kultur überprüft werden. Bilden in Führungsgrundsätzen Führungsstile explizit oder implizit die Grundlage, dann kann darauf nichts Erfolgreiches wachsen. Respektvolles Verhalten mit all seinen direkten und indirekten Konsequenzen für Führung und Zusammenarbeit ist die Grundlage. Einschließlich der Ergebnisorientierung, um Ziele des Unternehmens und des Personals zu erreichen. Die dafür notwendigen Systeme und Tools müssen IT-Kompatibel sein und die Werteorientierung widerspiegeln.
Zwei Herausforderungen müssen erfolgreich bearbeitet werden:
Wie kann das Leitbild akzeptiert und als wertvoller Problemlöser in operative Führung einbezogen werden?
Wie können Inhalte von Führungsgrundsätzen über Führungssysteme mit der operativen Führung verknüpft werden?
Dazu finden Sie hier begründete und umsetzungsreife Vorschläge. Sonst bleiben Aussagen der Unternehmenskultur wirkungslos und werden sogar kontraproduktiv.
Im ersten Beitrag wurden grundlegende Ergebnisse aus 40 Jahren Werteforschung in Deutschland beschrieben. Bemerkenswert ist z.B. wie stabil Wertestrukturen über viele Jahre sind, aber auch kurzfristig bei Herausforderungen wie Covid-19. Nun konzentrieren wir uns auf den spezifischen Mehrwert für Führungskräfte und MitarbeiterInnen. Im zweiten Beitrag geht es um den konkreten Nutzen der Werteforschung für Führung.
Herausforderung:
Führung in Deutschland steht schon seit Jahren in der Praxiskritik. Eine Vielzahl von Studien belegen, dass Führungskräfte mit den Herausforderungen für Führung nicht gut fertig werden sollen. Dabei gibt es schon lange Erfahrungen, dass es nicht an den Führungskräften liegt, sondern an den Konzepten, mit denen sie in Deutschland führen sollen.
Grundlage:
In vielen Seminaren für Führungskräfte und MitarbeiterInnen ist der Rokeach Value Survey (RVS) eingesetzt worden. Die SeminarteilnehmerInnen sollten
Werteforschungsergebnisse und den Einfluss der Werte auf Verhalten kennenlernen
ihre eigenen Werte und Werteprioritäten ermitteln
Werte ihrer MitarbeiterInnen bzw. ihrer Führungskräfte einschätzen
Konsequenzen aus Gemeinsamkeiten und Unterschieden für Führung ableiten
Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl und der Tatsache, dass SeminarteilnehmerInnen aus vielen Unternehmen und Branchen kamen, können Ergebnisse verallgemeinert werden.
Ergebnisse:
Die Ergebnisse zeigen die desaströsen Wirkungen klassischer Führungskonzepte, in denen Führungsstile und situatives Verhalten der Führungskräfte im Mittelpunkt stehen. Diese Konzepte berücksichtigen nicht die gesellschaftlich wichtigen Werte sondern sie verletzen sie sogar. Auch klassische „Vorurteile“ werden sichtbar, die komplexe Führungssituationen noch schwieriger machen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entsteht deshalb nicht.
Perspektive:
Im Mittelpunkt von Führung stehen die wichtigen Werte „Selbstachtung“ und „Innere Harmonie“. Aber auch Gehorsam. Führungskräfte und MitarbeiterInnen unterliegen dazu folgenschweren Fehleinschätzungen. Die eigene Selbstachtung zu erhalten ist auch in der Gesellschaft einer der wichtigsten Werte. „Value Clarification“ öffnet den Weg zu Tools und Maßnahmen, die Respekt fördern, Selbstwertgefühl erhalten und Ergebnisse verbessern.
Umsetzung:
Auf dieser Basis hat sich ein Führungskonzept ergeben, das auf Respekt aufbaut und mit dem die Ziele des Unternehmens, der Führungskräfte und der MitarbeiterInnen erreicht werden. So wird Führung bei den heutigen Herausforderungen erfolgreich.
Entdecken Sie, wie die Werteforschung die Qualität der Führung verbessert und welche praktischen Konsequenzen sich daraus ergeben. Es sind Handlungsempfehlungen, damit Sie Führungskompetenzen stärken und um den Verantwortungsbereich erfolgreich zu lenken.
In den folgenden drei Blogposts beleuchte ich drei Perspektiven auf Werte: Im folgenden ersten Post betrachte ich Ergebnisse aus 40 Jahren Werteforschung in Deutschland. Im zweiten Post geht es um (2) Werte und Führung: Erfolgreiche Praxis auf der Basis von Werteforschung statt überholter Grundlagen. Der dritte Beitrag behandelt (3) Werte und Unternehmenskultur. Den Rahmen für Führungserfolg gestalten. Zu jedem Beitrag ist ein vollständiges Manuskript zum Herunterladen bereitgestellt. Viel Spaß beim Lesen!
(1) Der Einfluss von Werten auf unser Verhalten: Erkenntnisse aus 40 Jahren Werteforschung in Deutschland
Die Bedeutung von Werten als Grundlage für menschliches Verhalten ist von großer Bedeutung. Überzeugungen und insbesondere Werte haben erheblichen Einfluss z.B. auf Veränderungserfolg. In diesem Blog-Post werden die grundlegenden Ergebnisse einer 40-jährigen Werteforschung in Deutschland mit Laborexperimenten und Feldstudien zusammengefasst. Dabei werden Fragen beantwortet, ob und wie Werte unsere Entscheidungen, Informationsbeschaffung und Konfliktverhalten beeinflussen. Zudem werden interessante Erkenntnisse zum Wertewandel und zur Stabilität von Werten präsentiert. Die praktische Umsetzung dieser Erkenntnisse zur Führung und Unternehmenskultur wird in weiteren Beiträgen behandelt.
Die Grundlagen: Was sind Werte und besitzen sie Verhaltensrelevanz?
Bevor wir tiefer in die Forschungsergebnisse eintauchen, schauen wir uns zunächst an, was Werte überhaupt sind und wie sie unser Verhalten beeinflussen können. Werte sind tief verwurzelte Überzeugungen und Prinzipien, die unsere Entscheidungen, Handlungen und Interaktionen leiten. Diese Leitlinien beeinflussen unsere Präferenzen und Prioritäten.
Das Wertekonzept von Milton Rokeach:
Das Problem einer werteorientierten Erklärung des Verhaltens liegt im geringen Angebot an geeigneten Konzepten zur Werteerfassung. Milton Rokeach hat ein Verfahren entwickelt, das seit seiner Veröffentlichung eine so starke Beachtung erfährt, dass heute allein schon der Terminus “value” beinahe automatisch mit seinem Namen assoziiert wird. Es ist bis heute noch nicht durch ein Konzept abgelöst worden, das geeigneter wäre.
Der Umgang mit Werten in Deutschland:
In Deutschland spielen Werte in der gesellschaftlichen Diskussion eine bedeutende Rolle. In der Forschung aber nicht. In letzter Zeit wird in praxisnahen Veröffentlichungen der Wertebegriff intensiver genutzt. Die dort beschriebenen Auffassungen von Werten stehen in keinem Zusammenhang mit wertetheoretischen Grundlagen, die sich über viele Jahre gerade außerhalb von Deutschland auch mit dem Rokeach-Ansatz entwickelt haben. Das erfüllt dieser Beitrag mit einer Vielzahl von empirischen Beispielen aus Deutschland.
Jetzt hier veröffentlichte Ergebnisse zu empirischer Werteforschung in Deutschland belegen:
Der Rokeach Value Survey (RVS) ist geeignet, um Werte zu erfassen.
Werte beeinflussen direkt und nachweisbar individuelles Verhalten.
Wertestrukturen verändern sich in Deutschland über 40 Jahre kaum. Die wesentlichen Werte werden unverändert als wichtig eingeschätzt. Ein Wertewandel in mehr als 30 Jahren kann nicht nachgewiesen werden.
Covid19 und der Ukrainekrieg haben keinen kurzfristigen Einfluss auf Werteprioritäten.
Es gibt gesellschaftliche Gruppen, die spezifische Gemeinsamkeiten haben und die insbesondere andere Werte für wichtig halten.
Konflikte zwischen Personen, die sich hinsichtlich der Werte stark unterscheiden, haben eine besonderes hoher Intensität.
Überzeugungen und Werten müssen berücksichtigt werden, wenn Veränderungsprozesse erfolgreich sein sollen.
Eine satzungsgemäße Aufgabe der GWS e.V. ist das “Aufzeigen, die Entwicklung und die Verbreitung des Gedankenguts und der Methoden der Kybernetik in Wirtschaft, Politik und Gesellschaftim Zusammenwirken mit den Erkenntnissen und Erfahrungen der allgemeinen Wissenschaft und Praxis” (Satzung).
Diese aktuelle Initiative innerhalb der GWS hat zum Ziel, entsprechende Materialien für akademische und berufsbegleitende Lehre zusammenzustellen. Diese sollen zum einen die Aus- und Weiterbildung von Führungskräften in Wirtschaft, Politik und Verwaltung auf dem Gebiet der WiSo-Kybernetik ermöglichen sowie zum anderen die Förderung des Interesses für Kybernetik, insbesondere bei jungen Menschen.
Sowohl Hinweise auf Materialien als auch Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung sind herzlich eingeladen. Wenn Sie sich als GWS-Mitglied oder externe/-r Interessierte/-r beteiligen möchten, wenden sie sich bitte an den Vorstand der GWS.
Die GWS gründet derzeit eine neuartige wissenschaftliche Zeitschrift: Collective Intelligence Perspectives ist als interdisziplinäres und multimediales Angebot sowie als globales Forum für transdisziplinäre wissenschaftliche Untersuchungen konzipiert, die sich mit systemischen Perspektiven auf kollektive Intelligenz bzw. Collective Intelligence befassen, also die kollektive Generierung und Nutzung von Informationen, Kommunikation und Kontrolle in sozialen Organisationen betrachten.
Wenn Sie selbst als Autor oder Autorin beitragen möchten, wenden Sie sich bitte an den Vorstand der GWS.