Dr. Werner Boysen

CyberPractice, ein praxiserprobtes, wirkungsvolles Vorgehensmodell für das Empowerment in Unternehmen

Abstract

In complex environments, decisions cannot be made by individual managers in a way that is appropriate to the system, because individual persons cannot sufficiently grasp the interrelationships and accurately recognize the effective network of causes. However, it is necessary to consider the actual interdependencies in decisions.

CyberPractice is a tried-and-tested process model that involves local employees in the preparation of decision-making bases and in the decision-making process itself in the form of a systemic discourse. In this way, it is achieved that the system is not ordered, but that the system regulates itself. If the entire organization gets involved, CyberPractice reaches and influences the actual perpetrators of grievances in organizations and unlocks existing potential for improvement in a natural way. Organizations applying CyberPractice can effectively react to disturbing forces and are becoming resilient.

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Translated with www.DeepL.com/Translator (free version)

In komplexen Umfeldern können Entscheidungen von einzelnen Führungskräften nicht systemgerecht getroffen werden, weil einzelne Personen die Zusammenhänge nicht hinreichend erfassen und das wirksame Ursachengeflecht nicht treffend erkennen können. Es ist aber erforderlich, die tatsächlichen Wirkungszusammenhänge in Entscheidungen zu berücksichtigen.

CyberPractice ist ein praxiserprobtes Vorgehensmodell, das die Mitarbeiter vor Ort in Form eines systemischen Diskurses in die Aufbereitung von Entscheidungsgrundlagen und in den Entscheidungsprozess selbst einbindet. Damit wird erreicht, dass nicht über das System verfügt wird, sondern das System sich selbst regelt. Wenn sich die gesamte Organisation darauf einlässt, erreicht und beeinflusst CyberPractice die tatsächlichen Verursacher von Missständen in Organisationen und erschließt bestehendes Verbesserungspotenzial auf natürliche Weise. Organisationen, die CyberPractice anwenden, können auf Störkräfte wirksam reagieren und werden resilient.

1 Herausforderungen aus der Unternehmenspraxis

Die vermeintliche Professionalisierung von Geschäftsabläufen macht Wirtschaftsgefüge oft spürbar labiler. Wir erleben derzeit in vielen Umfeldern ein Gleichgewicht auf hohem Spannungsniveau. Der wahrgenommene Erfolg ist trügerisch: Geringste Veränderungen können das Gleichgewicht eines unter hoher Spannung gehaltenen Systems so massiv stören, dass das System unumgänglich zerrissen wird. Jeder – sogar gut gemeinte – Eingriff kann diesen Riss verursachen. Viele Manager ahnen dies, sind stark verunsichert und fühlen sich handlungsunfähig. Bereits geprägt von der Wirtschaftskrise 2008/09 und 2020/21 durch die corona-bedingten Einschnitte und seit 2022 durch die spürbaren Folgen des Russlandkonfliktes nach einem Weg, der zu einer Stabilisierung ihrer Organisation führt.

Die bestehende Spannung muss äußerst feinfühlig abgebaut werden. Das kann nicht einseitig geschehen, sondern erfordert eine enge Abstimmung aller Beteiligten und ein sorgfältiges Vorgehen. Als eine wesentliche Voraussetzung dafür sollten Manager versuchen, Systeme und ihr Verhalten besser zu verstehen.

In diesem Beitrag wird mit CyberPractice® ein Vorgehensmodell vorgestellt, mit dem systemische Wirkungsgefüge in der Wirtschaftspraxis treffend erfasst und gestaltet werden können. Anders als rein beschreibende Methoden, wie beispielsweise eine Prozessmodellierung mit ARIS, und analytische Methoden, wie zum Beispiel die Sensitivitätsanalyse nach Frederic Vester oder die System-Dynamics-Methode nach Jay Forrester, eignet sich das CyberPractice®-Vorgehensmodell sowohl zur zuverlässigen Erfassung als auch gleichzeitig zur Gestaltung und Nutzung von Wirkungsgefügen. Der Aufwand, der mit der Anwendung von CyberPractice® verbunden ist, ist vertretbar. Dadurch wird diese Methode hoch interessant für die praktische Anwendung in Unternehmen.

2 Lösungsansatz

Dr. Boysen hat aus seiner systemisch angelegten Beratungspraxis heraus eine Alternative zu bekannten analytischen Vorgehensweisen entwickelt, die sich bereits in der Unternehmenspraxis bewährt hat. Diese Methode, der CyberPractice®-Ansatz, wird hier vorgestellt.

Der Kunstname „CyberPractice®“ setzt sich aus den Wörtern Cybernetics (Kybernetik) und Practice (Praxis) zusammen und bringt zum Ausdruck, dass in diesem Ansatz kybernetische Elemente in die Unternehmenspraxis übertragen werden. Die konsequente Ableitung des CyberPractice®-Ansatzes aus der Kybernetik stellt sicher, dass die Anwendung wirklich funktioniert.

2.1 Grundzüge und Vorteile des CyberPractice®-Ansatzes

Die CyberPractice®-Methode setzt bei dem Gedanken an, dass jede Modellierung nur eine vereinfachte Darstellung einer wahrgenommenen Wirklichkeit ist. Was in der Unternehmenspraxis gebraucht wird, ist eigentlich gar kein Modell von der Wirklichkeit, sondern die Gewissheit, dass in der Organisation systemisch sinnvoll gehandelt wird.

Wir neigen dazu, künftige Ereignisse möglichst vorhersehbar und messbar zu machen, darauf aufbauende Pläne sauber zu dokumentieren und deren Umsetzung in der Organisation zu managen. Allerdings führen uns kybernetische Prinzipien vor Augen, dass (i) in komplexen Umfeldern weder eine derartige Eindeutigkeit noch eine sequenzielle Abfolge der Maßnahmen angemessen sind und dass sich (ii) die Qualität von Systemen durch ihre Beziehungen und ihre emergenten Fähigkeiten erklärt, nicht durch Entscheidungen, die aufgrund einer „höheren Erkenntnis“ vom Top-Management für die Organisation getroffen werden. Werden Handlungsabsichten in Programme gegossen, die nach Anweisung abzuarbeiten sind, verlieren sich nämlich sowohl die organisationale „Nase“ für Möglichkeiten, für Unsicherheiten und für Nicht-Wissbares als auch wertvolle Freiheitsgrade, die erforderlich sind, um Komplexität zu bewältigen. Organisationen werden nicht nur unfähig, den Moment zu nutzen, um auf veränderte Bedingungen zu reagieren, sondern im schlimmsten Fall sogar blind für das Spektrum verfügbarer Handlungsmöglichkeiten. Sinnvoller ist es, das grundsätzliche Verständnis der Beteiligten für Wirkungszusammenhänge zu verbessern und Organisationen darauf vorzubereiten, dass sie besser mit bestehenden Unsicherheiten umgehen können.

Aus diesen Einsichten speist sich der pragmatische und wirksame CyberPractice®-Ansatz. Die Methode setzt ihren Hebel nämlich unmittelbar im System und in den Handlungen selbst an. Sie fußt auf der Idee, dass die Handelnden systemisch sinnvoll vorgehen werden, wenn sie das Gesamtbild erfassen, systemische Zusammenhänge erkennen und – das ist als Handlungstreiber ganz wichtig – wenn sie aus einer systemisch sinnvollen Vorgehensweise einen größeren Nutzen erwarten als aus einer isolierten, die vermeintlich den eigenen Nutzen erhöht.

Dazu wird nach dem CyberPractice®-Ansatz eine Betrachtung des Geschehens aus systemischer Perspektive gewählt. Jegliches „Geschehen“ wirkt sich in Prozessen aus. Deshalb macht es Sinn, sich mit konkreten Prozessen zu befassen, statt Organisationseinheiten zu betrachten, die Mittel zum Zweck sind, um Prozesse auszuführen. Und schließlich kann jeder Prozess auch als System aufgefasst werden kann.

Ein System ist die Gesamtheit der Wechselwirkungen verbundener Elemente, die sich von ihrem Umfeld durch ihre Aufgabe, ihren Sinn oder ihren Zweck abgrenzen. Systeme sind durch Prinzipien und Muster des Beziehungsgeflechts strukturiert, durch die sie entstehen, funktionieren oder sich erhalten.

Um sowohl Verständnis für das Ganze als auch Interesse am Ganzen bei möglichst vielen Beteiligten zu erreichen, ist Orientierung erforderlich – eine Führungsaufgabe. Damit die Beteiligten die Muster wechselseitiger Beeinflussungen erkennen, müssen sie in kybernetischen Grundlagen geschult und mit Methoden vertraut gemacht werden, mit denen sie ihr Zusammenspiel besser abstimmen können. Solche Schulungen einzuleiten ist ebenfalls eine Führungsaufgabe.

Die CyberPractice®-Methode bewirkt, dass die Beteiligten die Zustände der Systemelemente im Prozess erfassen, wie es auch vom System-Dynamics-Ansatz nahegelegt wird. Allerdings wird bewusst darauf verzichtet, die wirksame Systemdynamik explizit zu dokumentieren. Vielmehr wird dahin gearbeitet, dass die Beteiligten die Dynamik erkennen und sie agil gestalten. Der wesentliche Vorteil gegenüber rein analytischen Ansätzen besteht darin, dass mit der Erkenntnis von Zusammenhängen sofort eine laufende, systemisch sinnvolle Regelungsaktivität verbunden ist. Ein weiterer Vorteil besteht in der gleichzeitigen Befähigung von Organisationen zu dynamischer Anpassungsfähigkeit. Diese Umsetzungskomponente fehlt bei den rein analytischen Beschreibungsansätzen, zu der die Sensitivitätsanalyse und die System-Dynamics-Methode gehören.

Die CyberPractice®-Methode liefert methodisch systematisch abgeleitete Ergebnisse bezüglich der Prozessgestaltung und erfüllt damit vollumfänglich die Anwendungskriterien der Unternehmenspraxis. Dass das Modell methodisch auf der qualitativen Ebene bleibt, ist seine Stärke, denn es erlaubt eine Konzentration auf die Erfassung und Beeinflussung der wesentlichen Wirkungszusammenhänge, ohne eine vermeintliche numerische Präzision zu suggerieren. Eine weitere Stärke von CyberPractice® ist, dass die Methode ihre Wirkung in intensiver Interaktion zwischen den Fach- und Führungskräften in Organisationen frei von jeder Bindung an eine konkrete IT-Anwendung entfaltet.

2.2 Das Vorgehensmodell

Ein Kerngedanke des CyberPractice®-Ansatzes nach Dr. Boysen ist, bei der Ursachenanalyse hinreichend tief zu schürfen, um sicherzustellen, dass Wirkungszusammenhänge besser verstanden und die Effekte des Zusammenspiels gezielt beeinflusst werden. In der Praxis beobachten wir oft, dass komplexe Sachverhalte unangemessen reduziert werden, was zu falschen Entscheidungen führt. Es nützt in der Regel nichts, die an der Oberfläche auftretenden Symptome lokal zu behandeln. Die üblicherweise wahrgenommenen „Schmerzen“ sind nämlich häufig Auswirkungen tiefer liegender Schwachstellen im System, die schwieriger zu erkennen sind. Deshalb muss mindestens auf der Leistungsebene, wo Maßnahmen und Wirkungen vollständig in die klassischen Kategorien „Kosten“, „Zeit“ und „Qualität“ einfließen, nach den Problemursachen gesucht werden. Aber es ist nicht ausreichend, dass Aktivitäten lediglich darauf abzielen, die Key Performance Indikators (KPIs) in diesen Kategorien zu straffen und auf Umsetzungsdisziplin zu achten. Vielmehr müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass operative Ergebnisse wirklich verbessert werden können. Diese Voraussetzungen können nur durch eine Optimierung des Zusammenspiels der Wirkungsbeziehungen beeinflusst werden. Für diese Optimierungsaufgabe kann das Vorgehensmodell CyberPractice® wirkungsvoll eingesetzt werden.

Abb. 1: CyberPractice®-Methode nach Dr. Boysen

Abbildung 1 veranschaulicht die wesentlichen Koppelwirkungen. Folgt man den dünnen Pfeilen, erkennt man, welche Folgewirkungen von Wirkungen ausgelöst werden. Schließlich erkennt man auch, dass sich die Gesamtwirkung wiederum positiv auf die Startbedingungen rückkoppelt (fetter, äußerer Pfeil). Die Farben veranschaulichen eine Momentaufnahme der jeweiligen Zustände, wobei das Verhältnis der Grün- zu den Rotanteilen die Güte der Zustände symbolisiert.

Wird das Verständnis der Führungskräfte für systemische Zusammenhänge geschärft, werden die Top-Führungskräfte nicht mehr primär die Geschäftseinheiten und die funktionalen Bereiche als die Treiber für erfolgreiches Wirtschaften betrachten. Vielmehr werden sie den Blick auf das Dazwischen richten, auf die Verbindungen zwischen Spezialisten, zwischen Geschäftseinheiten und Unternehmen. Und sie werden besser das Potenzial der Fähigkeiten erkennen, die sich aus solchen Verbindungen ergeben können. Sie werden auch den Nutzen von Redundanzen wahrnehmen, die sich aus einer sinnvollen Vernetzung ergeben, und zwar Redundanzen nicht als Dopplung der Ressourcen in klassischen Sinn, sondern derart, dass verschiedene Elemente im System dieselben Funktionen übernehmen können, wenn sie vielseitig angelegt sind.

Damit diese wertvollen Verbindungen gut funktionieren, werden sich systemisch geschulte Führungskräfte dafür einsetzen, dass die systemischen Schnittstellen sauber definiert und Schnittstellenanforderungen vereinbart werden und dass im Prozess stabilisierende Rückkopplungsmechanismen eingesetzt werden (Management-Setup). Der betrachtete Prozess wird nach kybernetischen Gesichtspunkten neu gestaltet. Dadurch verbessert sich prinzipiell die Qualität des betrachteten Prozesses, also die „horizontale Kommunikation“, deutlich.

Allerdings besteht in dieser Phase der neu gestaltete Prozess bislang nur auf dem Papier. Wenn das Top-Management aber über die Basisvoraussetzungen verfügt (Management Set-up), wird es dafür sorgen, dass weitere Voraussetzungen erfüllt werden, damit die veränderte Arbeitsweise umgesetzt werden kann. Das Top-Management wird vor allem darauf hinwirken, dass die mittlere Führungsebene die Ressourcen dort ansiedelt, wo sie gemäß dem neu definierten Prozess gebraucht werden (Ressourcenkongruenz), und dass entlang des Prozesses die erforderlichen Informationen bereitgestellt werden.

Außerdem wird das Management dafür sorgen, dass die Informationen über Meilensteine und kritische Ereignisse, die entlang des Prozesses rückgekoppelt werden sollen, tatsächlich effektiv ausgetauscht werden können (Integration der Informationssysteme).

Des Weiteren wird das Top-Management der Belegschaft Orientierung geben und dafür sorgen, dass Konzepte, die im Management-Kreis verabschiedet werden, in die Organisation hineingetragen werden (Leadership) sowie Anliegen von der Basis an das Management herangeführt werden (gute vertikale Kommunikation).

Der CyberPractice®-Ansatz reicht aber weiter. In der Praxis durchlaufen nämlich verschiedene Projekte oder Aufträge diesen Prozess, die im Wettbewerb um Management-Aufmerksamkeit und Ressourcen stehen. Ein wirksames Multi-Projektmanagement muss dafür sorgen, dass Prioritäten gesetzt und gegebenenfalls drohende Engpässe rechtzeitig eskaliert und entschärft werden.

Dass diese vier Elemente (i) Allocation of Capacities, (ii) integrated IT-Applications, (iii) (Multi-) Projektmanagement und (iv) Vertical Integration of Communication, Leadership herausgestellt werden, ist keine Willkür; vielmehr hat sich in verschiedenen Praxisbeispielen gezeigt, dass genau diese vier Elemente eine zentrale Rolle spielen. Werden diese vier „Services“ gut abgestimmt, wird sichergestellt, dass ein systemisch gut durchdachter Prozess wirklich eingeführt wird. Genau dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, können spürbare Verbesserungen auf der Leistungsstufe erwartet werden. Kosten werden sinken, weil Blind-, Fehl- und Doppeltleistungen deutlich niedriger liegen werden; Durchlaufzeiten werden wegen der klaren Abstimmungen stark sinken und die Qualität der Ergebnisse wird sich merklich verbessern. Die positiveren operativen Ergebnisse werden schließlich zu einer höheren Zufriedenheit aller Beteiligten führen und in Motivationssteigerung und verbesserte Kundenzufriedenheit münden. Beide Effekte animieren wiederum, die systemischen Voraussetzungen noch weiter zu verbessern, denn wir haben es mit einem positiv rückgekoppelten Gesamtsystem zu tun. Im Umkehrschluss heißt das natürlich auch, dass die Prozessqualität weiter abnehmen wird, wenn keine geeigneten Voraussetzungen geschaffen werden.

Die Ergebnisse entwickeln sich aus einer gegenseitigen Beeinflussung der Wirkungen über mehrere Stufen und verschiedene Verbindungspfade. Das ist der Weg in Richtung Selbstregelung. Doch Selbstregelung einzuführen ist keinesfalls mit „Laissez-faire“ gleichzusetzen; die Veränderung muss initiiert und geführt werden (Leadership). Wie schaffen wir es nun, eine gewünschte Kettenreaktion anzustoßen? Die wesentlichen Schritte des CyberPractice®-Vorgehensmodells nach Dr. Boysen werden im folgenden Abschnitt vorgestellt.

2.3 Systembeschreibung

2.3.1 Definition und Einbindung des betrachteten Systems

Problemstellungen sind immer in einen Systemkontext eingebunden. Aus kybernetischer Sicht ist es wichtig, diesen Systemkontext zu erkennen, das heißt, das betreffende System zu beschreiben und sinnvoll von seinem Umfeld abzugrenzen. Um das System in sein Umfeld einordnen zu können, sieht die CyberPractice®-Methode vor, auch die relevanten angrenzenden Systeme und das übergeordnete System, in das das betrachtete System eingebunden ist, zu erfassen.

An einen Vertriebsprozess grenzen beispielsweise ein Supply-Chain-Prozess, ein Human-Resources-Prozess und Herstellungsprozess an. Die Prozesse stehen in Wechselwirkungen zueinander. In das System „Vertriebsprozess“ sind die Vertriebsorganisation, das Marketing-Team, die Produktentwicklung, die Logistik und die Fertigung involviert. Der Vertriebsprozess ist wiederum in den übergeordneten Business-Development-Prozess eingebunden.

CyberPractice® sieht vor, dass Systeme anhand ihrer Struktur abgegrenzt werden. Dazu werden alle systemrelevanten Elemente und die Funktion dieser Elemente sowie ihre wirkungsrelevanten Wechselbeziehungen aufgenommen.

Folgende Fragen helfen, das jeweils relevante System zu erkennen:

  • Wie tritt das System nach außen in Erscheinung (Oberflächenverhalten)?
  • Fließen in das betrachtete System wirklich alle notwendigen und relevanten Informationen ein?
  • Werden die Interessen und Bedürfnisse aller Beteiligten im System berücksichtigt?
  • In welche wesentlichen Wirkungszusammenhänge ist das betrachtete System eingebettet?

In der Praxis wird bei der Abgrenzung des Systemumfanges oft zu kurz gegriffen oder es werden angrenzende Systeme nicht hinreichend in die Betrachtung einbezogen. Prozesse werden oft aus der Sicht einzelner Einheiten betrachtet und definiert. Aus diesen Gründen kann es zu einer einseitigen oder unvollständigen Erfassung kommen. Das kann wiederum dazu führen, dass wesentliche Bedürfnisse anderer Einheiten nicht in den definierten Prozess einfließen. Dadurch entstehen Brüche, die die Effektivität des behandelten Prozesses infrage stellen.

Beispiel: Der Prototypenprozess einer konzerngebundenen Produktentwicklungseinheit soll als System definiert und optimiert werden. Die Qualität des Prototypenprozesses hängt maßgeblich von der Qualität des Prototypen-Forecasting ab. Das Forecasting wird vom Vertrieb und vertriebsnahen Funktionen geleistet und muss als Input in den Prototypenprozess einfließen. Die Beschaffung von Prototypenkomponenten, die vom Zentraleinkauf vorgenommen wird, hat einen großen Einfluss sowohl auf die Bereitstellung als auch auf die Kosten der Prototypen. Standortentscheidungen, die im Produktionsbereich getroffen werden, haben ebenfalls einen hohen Einfluss auf die Prototypendurchlaufzeit und auf die Kosten. Standortverlagerungen ziehen oft notwendige konstruktive Veränderungen der Bauteile nach sich. Unterschiedliche Bearbeitungsmaschinen mögen über unterschiedliche Einrichtungen zur Werkstückaufnahme verfügen, die in der Konstruktion der Werkstücke berücksichtigt werden müssen. Solche Erfordernisse können sich auf die Gestaltung von Guss- oder Stanzteilen und damit auf den Formen- bzw. Werkzeugbau auswirken.

Die natürlichen Systemgrenzen können durchaus außerhalb von betrachteten Unternehmensfunktionen und gesellschaftsrechtlichen Organisationseinheiten liegen. Prozesse wirken nämlich in der Regel funktions- und unternehmensübergreifend. Das heißt, dass Systeme nicht unbedingt an Organisationseinheiten gebunden sind. Systeme und Prozesse können deshalb nicht zwangsläufig mit der dahinterliegenden Aufbauorganisation zur Deckung gebracht werden. Zwar zeigt sich die Güte der Arbeitsweise und die Leistung von Organisationen in der Prozessqualität, doch Aufbauorganisationen ergeben sich wegen des Spezialisierungszwanges nicht immer aus dem Prozessfluss. Deshalb müssen Systeme angemessen umfangreich abgesteckt werden. Daraus ergeben sich zwei Empfehlungen: (i) Eine angemessene Erfassung angrenzender Organisationseinheiten und Systeme ist unbedingt sicherzustellen und (ii) die Beteiligten dieser angrenzenden Systeme müssen in die Gestaltung einbezogen werden, um die Prozesse über Organisationsgrenzen hinweg durchgehend zu machen, ohne aber bestehende Spezialisierungsvorteile der eingebundenen Einheiten zu beschneiden.

2.3.2 Zieldefinition

Im nächsten Schritt wird von den Beteiligten gemeinsam ein Ziel formuliert, das mit dem System erreicht werden soll, und zwar vor dem Hintergrund des Umfeldes, in das das System eingebunden ist. Das Ziel ist dann systemisch sinnvoll, wenn der Nutzen, der dem übergeordneten System durch das betrachtete System zugeführt wird, optimiert wird. Auch Unterziele sind nur dann sinnvoll, wenn sie das Hauptziel stützen. Die Herausforderung besteht darin, ein schlüssiges Zielsystem aufzustellen. Dabei kann die Balanced-Scorecard-Methode helfen.

Die Ziele sind die Vorgabe für die zu gestaltende Leistungsfähigkeit des Systems. Jede Aktivität muss sich daran messen lassen, welchen Beitrag sie direkt oder indirekt zur Erfüllung des Ziels leistet. Beiträge, die vordergründig aus der Perspektive einzelner Einheiten sinnvoll erscheinen, im Wechselspiel mit anderen Beiträgen aber zu einer Verschlechterung führen, müssen korrigiert werden.

Bei der systemisch orientierten Zielsetzung können folgende Leitfragen helfen:

  • Sind die Aktivitäten innerhalb des Systems so angelegt, dass sie zirkulär sind, oder haben sie – wie es klassisch üblich ist – einen Anfangs- und einen davon verschiedenen Endpunkt?
  • Ergeben gegebenenfalls mehrere Prozesse zusammen einen zirkulären Prozess?
  • Orientieren sich die Entscheidungen im System an ihren voraussichtlichen Wirkungen und nicht an Absichten?
  • Schließen die Aktivitäten nahtlos aneinander an und ergeben sie einen durchgehenden Prozess?
  • Ist die Varietät des Systems hinreichend ausgeprägt?
  • Besteht genügend Vielfalt innerhalb der Systemelemente, dass Funktionen von verschiedenen Systemelementen ausgeführt werden können (Redundanz)?
  • Sind stabilisierende Rückkopplungsmechanismen verfügbar und wirksam?
  • Ist im System genügend Wissen über das Verhalten des Systems selbst verfügbar?
  • Wo wird Blindleistung erbracht, also Beiträge, die im weiteren Verlauf im System nicht verwendet werden?
  • Wo bestehen Quellen für Fehlleistung wegen unzureichender Abstimmung?
  • Wo fallen wegen fehlender Integration Doppeltleistungen an?
  • Sind die Prozesse der Organisation anschlussfähig (Vernetzungsfähigkeit)?
  • Wird Information vom Umfeld systematisch in die Organisation hineingetragen und sinnvoll verarbeitet?
  • Kann die Organisation auf Chancen und Risiken rasch reagieren?
  • Wird kollektive Intelligenz in der Organisation genutzt?
  • Kann die Organisation aus sich selbst heraus Reserven mobilisieren (Homöostase)?

2.3.3 Bündelung der Prozessschritte in sinnvolle Pakete

Wirkungsgefüge äußern sich in Organisationen als Prozesse. Ein Prozess kann also durchaus als ein System aus Wirkungsflüssen betrachtet werden. Die in den Prozess eingebundenen Einheiten bzw. Personen sind dann die Systemelemente, die im Austausch miteinander einen Ablauf bewirken. Im Zusammenspiel miteinander ergibt sich die Prozessqualität.

Auftragsdurchläufe durch einen Prozess unterliegen denselben Mechanismen wie Werkstücke in einem Fertigungsablauf. Bemerkenswert ist, dass in beiden Fällen in der Praxis oft Beobachtungsfehler gemacht werden, die zu Dysfunktionen führen. Während ein Werkstück von einer Bearbeitungsmaschine zur nächsten gereicht wird, bis am Ende ein Produkt entsteht, passieren nämlich entscheidende Koordinationsschritte im Hintergrund: Informationen und Materialien müssen zu den jeweiligen Bearbeitungsphasen bereitgestellt werden. Um Aufträge durch einen definierten Prozess zu führen, müssen Abstimmungen vorgenommen und Vorbereitungen getroffen werden. Die Prozessqualität hängt maßgeblich von der Güte dieser Abstimmungen und Vorbereitungen und von angemessenen Vorlaufzeiten ab, während die Produktqualität wiederum von der Prozessqualität (beziehungsgebunden) und der Eignung der eingebundenen Bearbeitungszentren, Ressourcen und Arbeitsanweisungen (elementgebunden) abhängt.

Mit CyberPractice®werden Bündel kohärenter Aufgaben zu Prozessschritten zusammengefasst. Der CyberPractice®-Ansatz sieht vor, dass in jedem Prozessschritt die Schnittstellenanforderungen erfüllt werden, die Voraussetzung für den jeweils nächsten Prozessschritt sind. Da in jeden Prozessschritt aber verschiedene Einheiten bzw. Personen eingebunden sind, gilt es, diese Einheiten bzw. Personen (die „Systemelemente“) so miteinander interagieren zu lassen, dass sie gemeinsam das Ziel des betrachteten Prozessschrittes erreichen. So finden die am nächsten Prozessschritt Beteiligten die Voraussetzungen für ihre Arbeit erfüllt. Es mag sogar sein, dass Einheiten bzw. Personen in mehrere Prozessschritte eingebunden sind. Es ist jedenfalls nicht so, dass eine Einheit bzw. Person einen Bearbeitungsstand an eine weitere Einheit bzw. Person weiterreicht, die dann weitere Bearbeitungsschritte am „Werkstück“ ausführt; vielmehr wird eine Sequenz bestimmter Arbeitspakete von Teams aus verschiedenen Parteien abgearbeitet. Deshalb muss das abgestimmte Erreichen der Ziele aller Prozessschritte im Vordergrund des Interesses stehen, nicht die individuellen Leistungen einzelner Handelnder.

2.4 Systemisch angelegter Management-Setup

Der Kopf der CyberPractice®-Methode ist der richtige Management-Setup, der aus den folgenden beiden Komponenten besteht:

  • Schärfung des Bewusstseins des Management-Teams für systemische Zusammenhänge,
  • System Design
  • Abstimmung der Schnittstellen zwischen den Systemelementen und
    • Entwicklung und Einführung geeigneter Rückkopplungsmechanismen.

2.4.1 Schärfung des Bewusstseins des Management-Teams für systemische Zusammenhänge

Der Veränderungsprozess zu systemisch angelegtem Arbeiten muss vom Top-Management initiiert und geführt werden. Eine notwendige Voraussetzung hierfür ist, dass das Top-Management Systemkompetenz entwickelt, wie in Abbildung 2 skizziert. Das bedeutet zunächst, dass eine systemische Haltung sichergestellt werden muss, aber auch, dass das Top-Management über hinreichende Kenntnisse in systemisch greifenden Methoden verfügt. Schließlich muss eine ausreichende Umsetzungskompetenz gegeben sein. Alle drei Voraussetzungen können durch die geeignete Personalauswahl auf oberster Ebene, mittels Coaching und/oder durch geeignete Schulungen geschaffen werden.

Abb. 2: Systemkompetenz als Voraussetzung für gute Ergebnisse.

In klassisch arbeitenden Organisationen hat kaum jemand hat eine Vorstellung davon, wie viel besser die Organisation funktionieren könnte, wenn sie systemisch sinnvoll angelegt wäre. Wird von einem oder mehreren Mitgliedern des Top-Management-Teams der systemische Gedanke nicht mitgetragen, ist jede Veränderungsinitiative zum Scheitern verurteilt. Es obliegt dem Aufsichtsrat bzw. dem Beirat der Unternehmen, die „richtigen“ Top-Leute an Bord zu bringen und sich gegebenenfalls auch von guten Fachleuten an der Spitze zu trennen, sollte sich ihre persönliche Einstellung nicht mit gutem systemischem Management vereinbaren lassen.

CyberPractice® sieht vor, dass Manager, die für systemisches Denken aufgeschlossen sind, durch geeignetes Rüstzeug in die Lage versetzt werden, effektiv zu wirken, indem sie selbst kybernetische Prinzipien anwenden und ihre Organisationen auf systemisches Arbeiten vorbereiten. Eine notwendige Voraussetzung dafür besteht darin, die Grundlagen der Kybernetik zu verstehen und Methoden sicher anwenden zu können.

Methodisches Know-how und Instrumente für systemisch orientiertes Management können in speziellen Seminaren und Workshops erworben und durch Coaching on-the-Job erprobt und gefestigt werden. Im Vordergrund der Schulungsinhalte stehen ein besseres Verständnis des Verhaltens von Systemen, die Bewältigung von Komplexität, Prozessmanagement-Skills und die Befähigung, wirksame Rückkopplungsmechanismen zu installieren.

Schließlich muss auch die Umsetzungskompetenz sichergestellt werden. Dazu werden das Top- und das Middle-Management insbesondere mit Projektmanagement- und Change-Management- Fähigkeiten versehen.

Neben Hinweisen zur Personalauswahl werden in speziellen Maßnahmen die Kommunikations-, Moderations- und Konfliktmanagementfähigkeiten der Führungskräfte entwickelt, um eine hohe Leadership-Qualität im betrachteten Prozess sicherzustellen. Und, nach dem Motto: „Was nicht überprüft wird, geschieht auch nicht“, es werden Management- und Monitoring-Instrumente eingeführt und verwendet, um den Erfolg der Maßnahmen auf dem Weg zu systemischem Management verfolgen zu können. Hierzu zählen vor allem die Balanced-Scorecard-Methode und spezielle Human-Resources-Methoden und -Instrumente.

Während der Umsetzung nach der CyberPractice®-Methode ist es unabdingbar, die Verantwortung für den Prozess den Prozessbeteiligten selbst zu übertragen. Wird dieser wichtige Schritt nicht gegangen, sondern die Verantwortung einer Einzelperson anvertraut, wird die kybernetische Arbeitsweise nicht zum Leben erweckt. Vielmehr riskiert das Management andernfalls bewusst oder unbewusst, dass der Verantwortliche als Sündenbock missbraucht wird, sich aber nichts wirklich verbessert.

2.4.2 System Design

2.4.2.1 Abstimmung der Schnittstellen zwischen den Systemelementen

Zur Verknüpfung der Systemelemente greift die CyberPractice®-Methode nach Dr. Boysen auf das Kanban-Prinzip[1] zurück, ein Hol-Prinzip (auch: Pull-Prinzip), das seit den 1970er Jahren für die Produktionsablaufsteuerung in der Automobilindustrie verwendet wird. Damit das Hol-Prinzip funktioniert, müssen die nachgefragten Informationen, Dienstleistungen und Güter rechtzeitig in der benötigten Menge bereitgestellt werden können. Aus dieser Betrachtung resultieren Schnittstellenanforderungen zwischen den Systemelementen, die zwischen den Beteiligten verhandelt werden müssen. Hier greift die CyberPractice®-Methode Erkenntnisse über das Schwarmverhalten auf. Das einheitliche Auftreten eines Schwarms erklärt sich nämlich aus einfachen Interaktionen zwischen Individuen.[2] Diese Interaktion basiert auf der gleichzeitigen Präsenz von Abstoßung, Ausrichtung und Anziehung: Eine klare und nahtlose Zuordnung der Verantwortlichkeiten sorgt für geringe Reibung (Abstoßung), alles Tun wird an einem gemeinsamen Ziel ausgerichtet (Ausrichtung, Orientierung) und Verständnis für die gegenseitigen Bedürfnisse führen zu abgestimmtem Handeln (Anziehung).

Wenn wir uns – ausgehend von dem Ziel des Prozesses – rückwärts durch die Wertschöpfungskette des Systems bis zur ersten Schnittstelle zwischen den Elementen durcharbeiten, besteht die Kernfrage darin, zu erfahren, welche Voraussetzungen in Bezug auf die Faktoren Material, Information und Energie gegeben sein müssen, damit das Element, das nach der Schnittstelle aktiv werden soll, erfolgreich sein kann. Des Weiteren muss vereinbart werden, wer diese Voraussetzungen schaffen soll. Hier kommen die in den Prozess involvierten Beteiligten ins Spiel. Die Erwartungen an den Schnittstellen werden nämlich zwischen den jeweils Beteiligten ausgehandelt und explizit vereinbart.

In Anlehnung an das Kanban-Prinzip wird mit den Zielen des Gesamtprozesses begonnen. Das sind in der Regel die Ergebnisse, die internen oder externen Kunden zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Prozessziele sind also die Schnittstellenanforderungen zwischen diesen Kunden und dem letzten „Element“ des internen Prozesses. Als nächstes wird ermittelt, welche Bedingungen erfüllt werden müssen, damit dieses letzte Element seine Aufgabe erfüllen kann. So entstehen die Schnittstellenanforderungen zwischen den beiden letzten Elementen. Diese Vorgehensweise setzt sich durch den Prozess hinweg fort bis zum ersten Element, für dessen Output durchaus ein Lieferant verantwortlich sein kann.

Die Verhandlung der Schnittstellenanforderungen findet in einem kommunikativen Austausch zwischen den Parteien statt, die in die betreffenden Prozessschritte eingebunden sind. Durch die Erfüllung der Voraussetzungen werden die Beteiligten schrittweise befähigt, ihre Aufgabe besser auszuführen.

Die entlang des Prozesses benötigten Informationen werden zunächst aus den Schnittstellenanforderungen gesammelt und zusammengestellt. Im nächsten Schritt werden die datenführenden Informationssysteme, die diese Informationen tragen, identifiziert. Schließlich werden die Informationen an die jeweiligen Anforderer geleitet. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass die Beteiligten nicht mit zusätzlichen Systemen belastet werden; stattdessen sollten die Informationen entweder in einer prozessübergreifend verfügbaren Anwendung bereitgestellt werden oder in Anwendungen, die die Anforderer bereits einsetzen.

Um einen abgestimmten Ablauf zu erreichen, ist eine problembezogene, vernetzte Arbeitsweise der Beteiligten erforderlich. Die CyberPractice®-Methode schafft in einer Parallelwelt zur hierarchischen Aufbauorganisation Räume für diese problembezogene Vernetzung. Dazu wird ein Systemisches Kompetenz-Team® eingerichtet. Das Systemische Kompetenz-Team ist ein sich dynamisch konfigurierender Arbeitskreis, der sich aus sachverständigen Prozessbeteiligten möglichst aller relevanter involvierter Funktionen und Bereiche zusammensetzt. Bei der Zusammenstellung dieses wichtigen Teams kommt es bewusst nicht auf die Hierarchiestufen an, auf der sich die Teilnehmer befinden, sondern auf deren Gestaltungskompetenz. Allerdings sollten die Mitglieder des Systemischen Kompetenz-Teams eine gewisse Kommunikations- und Gestaltungsfähigkeit mitbringen.

Abb. 3: Systemischer Diskurs als Unterstützung von Management-Entscheidungen: Alle Beteiligten identifizieren sich mit den erarbeiteten Lösungsvorschlägen und unterstützen ihre Umsetzung. Deshalb funktionieren Lösungsvorschläge, die in systemischer Abstimmung gefunden werden. Die Kundenzufriedenheit verbessert sich – und die Motivation der Beteiligten ebenfalls.

Alle Mitglieder des Systemischen Kompetenz-Teams® werden zunächst in Grundlagen kybernetischer Prinzipien geschult, um Verständnis für systemische Zusammenhänge zu schaffen und das Bewusstsein für eigene Beeinflussungsmöglichkeiten zu schärfen. Die Aufgabe der Mitglieder des Systemischen Kompetenz-Teams® besteht darin, kritische Anliegen aus ihren Fachbereichen in den Kreis einzubringen und sie dort mit den anderen Teilnehmern miteinander zu erörtern. Die Präsenz der relevanten Funktionen und Einheiten im Kompetenz-Team ermöglicht eine Problembetrachtung aus allen Perspektiven und führt zu einer systemischen Betrachtung. Dabei werden sowohl die Vielfalt, aus der Neues entstehen kann, als auch das Potenzial verteilter Erfahrungen, aus denen Best Practices abgeleitet werden können, genutzt. Durch die Einrichtung eines Systemischen Kompetenz-Teams® wird ein konstruktiver Diskurs hergestellt, in den alle relevanten Aspekte einfließen (Fakten-Check). Es wird nicht wie sonst oft üblich nach der Pareto-Regel 80/20 vorgegangen; vielmehr werden alle „lokalen“ Aspekte aufgenommen und behandelt, die sich maßgeblich auf das Ganze auswirken können. Dadurch wird der Lösungsraum nicht verengt. Es wird vermieden, dass komplexe Sachverhalte unzulässig reduziert werden, denn die Entscheidungsfindung erfolgt auf der Basis der vollen verfügbaren Information. Relevanzfilter werden durch das Systemische Kompetenz-Team® systemisch angemessen gesetzt. Auch „blinde Flecken“, also wichtige Zusammenhänge, die man prinzipiell wahrnehmen könnte, sie aber aus Naivität, Selbstüberschätzung, Eitelkeit oder Angst nicht wahrnimmt, werden aufgedeckt. Im breit angelegten systemisch angelegten Dialog werden Unstimmigkeiten, Reibungen und Spannungen zuverlässiger erkannt als dies ein Management-Team könnte. Außerdem, und das ist besonders bemerkenswert, ist das Systemische Kompetenz-Team® in der Lage, diese Unzulänglichkeiten unmittelbar im Prozess selbst auszuregeln. Durch das Systemische Kompetenz-Team® wirken Organisationen nicht mehr an den Schnittstellen der „Black Box“ komplexer Sachverhalte, sondern unmittelbar in der Black Box, denn die Teilnehmer verkörpern die komplexen Zusammenhänge und tragen mögliche Konflikte im systemisch angelegten Diskurs aus. Positive Rückkopplungen in diesem mehrschleifigen Diskurs und Lerneffekte tragen dazu bei, dass Best Practices anschließend schnell verbreitet und ausgerollt werden. Deshalb ist nicht nur die punktuelle Effektivität hoch, sondern auch der Wirkungshebel enorm.

Der Dialog im Systemischen Kompetenz-Team® wird moderiert. Der Moderator legt gemeinsam mit den Teilnehmern die Regeln fest, nach denen der Dialog geführt werden soll, und sorgt dafür, dass diese Regeln eingehalten werden. Er moderiert Konfliktgespräche und führt Methoden des systemischen Coachings ein. Dadurch verbessert sich die Konfliktkultur im Systemischen Kompetenz-Team®. Vor allem aber wird dafür gesorgt, dass das System bessere Informationen über sich selbst erhält und zunehmend die Verhaltensmuster erkennt und zu nutzen lernt. Ein besseres Verständnis der Wirkungszusammenhänge und Rückkopplungen im System schärft außerdem den Sinn dafür, dass nicht die Absicht, sondern die voraussichtliche Wirkung das wesentliche Kriterium für Entscheidungen sein sollte (Zirkularität). Dadurch werden Organisationen in die Lage versetzt, sinnvolle neue Ordnungen und Lösungen zu schaffen (Emergenz). Die Mitglieder des Systemischen Kompetenz-Teams lernen im moderierten Diskurs auch, stabilisierende Rückkopplungsmechanismen zu entwerfen. Außerdem sorgt eine gute systemische Moderation des Diskurses dafür, dass von außen nach innen gedacht wird, also die Anforderungen des Systemumfeldes als Ausgangspunkt gesetzt wird. Dadurch wird sichergestellt, dass die nach Ashby[3] erforderliche Varietät erkannt und im System entwickelt wird. Die Handlungsempfehlungen, die das Systemische Kompetenz-Team® erarbeitet, müssen zur Umsetzung in die einzelnen Fachbereiche zurückgegeben werden. Es hat sich in der Unternehmenspraxis – insbesondere in der Übergangsphase zu systemischer Arbeitsweise – als durchsetzungsfähiger erwiesen, wenn die Aufforderung zur Handlung über die formalen Fachvorgesetzten in die Fachbereiche eingespielt werden, statt sie durch die Kompetenz-Team-Mitglieder an ihre Kollegen herantragen zu lassen. Die Umsetzungsempfehlungen, die im Systemischen Kompetenz-Team® entwickelt wurden, werden also in die hierarchische Aufbauorganisation zurückgeführt. Das mag nach einem methodischen Bruch aussehen, aber durch diese Vorgehensweise werden zwei erfolgskritische Anforderungen erfüllt: (i) Die Empfehlungen werden dezentral und aus ganzheitlicher Sicht im systemisch angelegten Dialog erarbeitet und (ii) die verbindliche Umsetzung der resultierenden systemisch sinnvoll abgestimmten Schritte wird durch eine straffe Führung entlang der etablierten Hierarchie erreicht.

Abb. 4: Wirkungskreislauf und Funktionsweise des Systemischen Kompetenz-Teams als „Parallelwelt“ zur Hierarchie

Eine wesentliche Voraussetzung für den Umsetzungserfolg besteht darin, dass die Führungskräfte, die den Fachbereichen vorstehen, das Umsetzungsprojekt kompromisslos unterstützen und fördern. Sie sollten die Umsetzung der Empfehlungen, die im Kompetenz-Team erarbeitet wurde, vorantreiben. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, dürfen die Maßnahmen im Zuge des Management-Setups nicht vernachlässigt werden. Außerdem ist eine entsprechende „enzymische“ Haltung[4] des Top-Managements förderlich. „Enzymisch“ heißt, in Analogie zu den Enzymen, durch die Präsenz und das Schaffen geeigneter Voraussetzungen Vorgänge zu ermöglichen, ohne aber den Weg selbst zu erzwingen. Der Weg ergibt sich vielmehr aus dem Zusammenspiel der unmittelbar am Prozess Beteiligten. An dieser Stelle schwingt auch eine Facette der Schwarmintelligenz mit: Ein Schwarm organisiert sich selbst. Er funktioniert auch für die einzelnen Mitglieder dann am effektivsten, wenn alle den Fluss des Schwarms erkennen und verstärken, statt ihn zu stören. Enzymisches Management erfordert ein gewisses Vertrauen in die Fähigkeiten des Systems, fördert diese aber gleichzeitig.

Auch methodisch macht es durchaus Sinn, wenn die Lösungsvorschläge für die Herausforderungen, die aus der formalen Aufbauorganisation in die „Parallelwelt“ des Systemischen Kompetenz-Teams® übergeben wurden, dann als Arbeitsergebnisse in die formale Hierarchie eingespeist werden, um das Management in der systemisch abgestimmten Entscheidungsfindung zu unterstützen. In der formalen Hierarchie wird über die Vorschläge des Systemischen Kompetenz-Teams entschieden und gegebenenfalls veränderte Abläufe werden freigegeben. Der Kreislauf schließt sich. Eine systemisch sinnvolle Arbeitsweise stellt keineswegs die hierarchische Aufbauorganisation in Frage. Hierarchie gibt sowohl Verlässlichkeit als auch Sicherheit und motiviert durch perspektivische Karrieremöglichkeiten. Mit CyberPractice® werden aber auch intrinsische Motivationsfaktoren angesprochen. Sie eröffnet dem in eine Organisation eingebundenen Menschen, sich fachlich und persönlich zu entwickeln und seine Kommunikations- und Teamfähigkeit im interdisziplinären Diskurs zu entfalten.

2.4.2.2 Entwicklung geeigneter Rückkopplungsmechanismen

Um den Prozess systemisch stabilisieren zu können, werden Rückkopplungsmechanismen (Feedback-Loops) vorgesehen, die ein Ausbalancieren möglicher Störgrößen, also eine Regelung, ermöglichen. Das Schwarmverhalten aufgreifend äußern sich Störgrößen dadurch, dass entweder die Abstoßung oder die Ausrichtung oder auch die Anziehung nicht richtig funktioniert oder das Zusammenspiel aus diesen drei Kräften nicht im Gleichgewicht steht. Es kann zu Kollisionen kommen oder die Orientierung des Schwarms schwindet oder der Zusammenhalt des Schwarms kann verloren gehen. Um diese unerwünschten Wirkungen zu vermeiden, müssen Störgrößen schnell kommuniziert und vom Schwarm verstanden werden.

Bewährte Mechanismen bestehen, wie bei Tierschwärmen beobachtet, in einer durchgehenden Information über die Fortschritte konkreter Geschäftsvorgänge, die den betrachteten Prozess durchlaufen. Projekt-Stati, Milestone-Ereignisse, Abweichungen und Änderungen werden entlang des Prozesses kanalisiert kommuniziert. Insbesondere (drohende) Abweichungen vom Soll werden unmissverständlich, ggf. mit Hilfe eines rasch zu erfassenden Ampelsystems, unmittelbar an die internen Auftraggeber und an die Beteiligten, die korrektive Maßnahmen einleiten sollen – die benachbarten Individuen im Schwarm –, kommuniziert. Zusätzlich werden Vorfälle, die sich im definierten Prozess nicht auffangen lassen, im Systemischen Kompetenz-Team® besprochen. In diesem Team, in dem alle relevanten Disziplinen und Funktionen repräsentiert sind, kann in der Regel ein Lösungsvorschlag erarbeitet werden können. Es mag sein, dass solche kritischen Vorfälle Anlass geben, den Prozess weiter zu schärfen. Entsprechende Veränderungsvorschläge werden vom Systemischen Kompetenz-Team® als Umsetzungsempfehlung an das Management herangetragen. Sollte das Systemische Kompetenz-Team® nicht in der Lage sein, unter den gegebenen Umständen zu einer abgestimmten Lösung zu gelangen, wird es den Fall an das Top-Management eskalieren. Diese Fälle deuten darauf hin, dass entweder das Problem nicht aus dem System herausgelöst werden kann oder die Organisation formale Schwachstellen aufweist, die nur das Management beseitigen kann. In jedem Fall weist die Rückkopplung nicht lösbarer Probleme in die Hierarchie das Top-Management auf bestehenden Handlungsbedarf hin.

In Umsetzungsprojekten zeigt sich, dass das Systemische Kompetenz-Team® nicht nur im Zuge der Prozessgestaltung, sondern auch beim späteren Einsatz der Rückkopplungsmechanismen eine vitale Rolle spielt. Deshalb sollte das Systemische Kompetenz-Team® nicht aufgelöst werden, nachdem der betrachtete Prozess einmal überarbeitet und eingeführt worden ist. Vielmehr sollte dieses Team auch künftig den Schwarm repräsentieren und das Verhalten der Gesamtorganisation über die laufende Interaktionen zwischen den Individuen prägen.

2.4.3 Die vier System-Services

2.4.3.1 Sinnvolle Neuzuweisung von Ressourcen

Wenn die Systemelemente neu gestaltet worden sind, muss auch überprüft werden, ob die Ressourcen (noch) sinnvoll zugewiesen sind. Werden strukturelle Veränderungen nicht durch eine Anpassung der Ressourcen begleitet, kann es zu asymmetrischen Ausgangsvoraussetzungen und daraus resultierenden Engpässen und Ungleichgewichten im Prozess kommen. Korrekturen müssen mit äußerster Sorgfalt ausgeführt werden.

Dabei sind personelle Kapazitäten, Kompetenzen und Skills ebenso zu überprüfen wie finanzielle und maschinelle Ressourcen sowie andere kapazitative Voraussetzungen. Eine konsequente Zuweisung der Ressourcen gemäß der systemisch sinnvoll gestalteten Prozesse führt in der Regel unter dem Strich zu einer Verringerung der benötigten Ressourcen. Damit dieser Vorteil tatsächlich erschlossen werden kann, muss darauf geachtet werden, dass die Abteilungsleiter eine sinnvolle Zuweisung der Ressourcen aus ganzheitlicher Perspektive unterstützen und keine Sicherung ihrer Pfründe auf Abteilungsebene verfolgen. An dieser Stelle zeigt sich, wie weit systemisches Denken in der Organisation wirklich verankert ist.

Eine personelle Re-Adjustierung kann durchaus mehrere Monate in Anspruch nehmen, denn es sind Stellenprofile zu erstellen, (interne oder externe) Ausschreibungen durchzuführen, Auswahlverfahren zu durchlaufen und vertragliche Veränderungen vorzunehmen. Auch der durch die Umgestaltung erforderliche Einarbeitungsaufwand und der Umgang mit eventuell auftretenden personellen Lücken, die interne Bewerber hinterlassen, und mit Personen, deren Aufgaben künftig entfallen werden, sind zu bewältigen.

Bis diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Übergangszeit zu durchlaufen. Während dieser Übergangszeit ist es besonders wichtig, dass mögliche Unzulänglichkeiten von allen Beteiligten gemeinsam überwunden werden. Ist diese kollektive Verantwortung nicht gesichert, kann die Umsetzung sogar zu Fall gebracht werden. Deshalb sind professionelles Leadership (s. unten), insbesondere Orientierung  und die Vermittlung einer lohnenden Vision  in dieser Übergangsphase wichtig.

Sieht das verabschiedete Umsetzungskonzept Sachressourcen vor, müssen auch diese rechtzeitig bereitgestellt werden. Jede Umschiffung von Investitionsentscheidungen kann in dieser Umsetzungsphase den gesamten Projekterfolg in Frage stellen. Deshalb ist es notwendig, sich vor der Einleitung der Umsetzungsphase grob über den Kosten- und Investitionsrahmen klar zu werden und eine bewusste Ressourcenentscheidung zu treffen.

Werden Systeme mit Impulsen beaufschlagt, benötigen sie eine gewisse Einschwingzeit, um sich wieder zu stabilisieren. Dass sich messbare Erfolge mit einer zeitlichen Verzögerung auf die ergriffenen Maßnahmen einstellen können, sollte bei der Ressourcenzuteilung berücksichtigt werden.[5]

2.4.3.2 Einführung eines wirksamen Multi-Projektmanagements

Der Geschäftsprozess selbst befindet sich auf einer anderen Ebene als die operativen Vorgänge, die durch den Geschäftsprozess geleitet werden. Deshalb genügt es nicht, einen Geschäftsprozess systemisch anzulegen; es müssen auch die Geschäftsvorgänge betrachtet werden, die den Geschäftsprozess durchlaufen.

In der Praxis werden verschiedene Geschäftsvorgänge parallel oder zeitlich versetzt durch einen Geschäftsprozess geführt. Dabei kann es zu einem Wettbewerb um Management-Aufmerksamkeit und andere knappe Ressourcen kommen. Um Terminengpässe und Kollisionen zu vermeiden, ist eine Koordination aller Geschäftsvorgänge zu empfehlen. Ein Multi-Projektmanagement ist dazu unbedingt zu empfehlen. Damit ist gemeint, zu entscheiden, wie mit Engpässen und Kollisionen umgegangen werden soll, Notfallpläne zu erarbeiten und klare Verantwortlichkeiten und Eskalationswege für besondere Situationen festzulegen. Es ist nicht in erster Linie eine IT-basierte Multi-Projektmanagementanwendung gemeint. In vielen Fällen empfiehlt sich allerdings eine geeignete IT-basierte Anwendung zur Unterstützung von Multi-Projektmanagement. Sollte keine entsprechende Anwendung verfügbar sein, sollte eine zum Unternehmen, zu seiner Kultur und zum Geschäft passende Software ausgewählt und eingeführt werden. Bei der Auswahl kommt es insbesondere auf eine intuitive Bedienbarkeit an; der Funktionenumfang ist in den meisten Fällen nachrangig, weil in der Praxis oft nur Basisfunktionen genutzt werden.

2.4.3.3 Integration der Informationssysteme

Zur Umsetzung der prozessübergreifenden Information und Kommunikation zwischen den Beteiligten ist ein gutes Zusammenspiel der Informationssysteme unabdingbar. Die für einen reibungsfreien Ablauf erforderlichen Informationen, die im Rahmen der vereinbarten Erwartungen an den Schnittstellen identifiziert worden sind, müssen allen Betroffenen zeitnah zugänglich sein.

Es sollten aber keine Maximalforderungen gestellt werden, die in der Regel nur durch weitgreifende IT-Integrationsprojekte erfüllbar sind. Vielmehr sollte präzise festgelegt werden, welche Informationen von den Beteiligten wirklich gebraucht werden, um (i) die jeweiligen Aufgaben innerhalb der Prozessphasen gut erfüllen zu können und (ii) die Abstimmung und Lerneffekte über den Prozess hinweg zu unterstützen. Nicht die Masse an Informationen, sondern das richtige Maß und die richtige Kanalisierung tragen zu einer Prozessverbesserung bei. Statt ein umfangreiches IT-Projekt aufzusetzen, ist es empfehlenswert, sich intensiv mit dem Potenzial auseinanderzusetzen, den der betrachtete Prozess birgt.

Wenn klar wird, welche Informationen bereitgestellt werden sollen, muss festgestellt werden, welche Anwendungen bzw. Datenbanken datenführend sind. Empfehlenswert ist es, Anwendern den Zugang zu zusätzlichen Informationen nicht durch zusätzliche IT-Anwendungen zu verschaffen, sondern die Informationen möglichst in Anwendungen bereitzustellen, die von den Informationsempfängern bereits laufend genutzt werden. Gegebenenfalls müssen zwischen den Anwendungen zusätzliche Schnittstellen geschaffen werden. Zusätzliche Benachrichtigungen über einen e-Mail-Push-Dienst (Notification Service) können die Aufmerksamkeit der Prozessteilnehmer für besondere Ereignisse deutlich fördern.

2.4.3.4 Leadership

Jede Organisation benötigt ein nicht zu unterschätzendes Maß an Führung. Diese Führung sollte in Orientierung und einem Regelwerk an Rahmenbedingungen bestehen, innerhalb dessen sich die Mitglieder der Organisation bewegen können. Hierbei bewährt sich der Ansatz des „Enzymischen Managements“[6], der vor allem beinhaltet, dass das Management-Team wie ein Enzym bewirkt, dass Lösungsvorschläge erarbeitet werden, ohne selbst in dem Prozess aufzugehen. Die Aufgabe des Managements besteht darin, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass mit dem Systemischen Kompetenz-Team eine Plattform für einen Dialogprozess neben der Hierarchie entsteht, in dem Lösungen reifen und Störgrößen ausgeregelt werden können. Wie bereits oben erwähnt, ist der Weg zu einer stabilisierenden Selbstregelung keinesfalls mit „Laissez-Faire“ zu verwechseln, sondern eine Führungsaufgabe, die höchste Aufmerksamkeit des Top-Managements erfordert. Um eine ganzheitliche, disziplinenübergreifende Sicht herbeizuführen und wirksame Rückkopplungseffekte zu erschließen, muss der Dialog vom Management initiiert und dafür gesorgt werden, dass die Gespräche im Kompetenz-Team kompetent moderiert werden.

Um die im Systemischen Kompetenz-Team® erarbeiteten Lösungsvorschläge beurteilen zu können, muss das Führungs-Team eine zu große Entfernung von den „Realitäten vor Ort“ vermeiden und über ein solides Verständnis der Verhältnisse auf der operativen Arbeitsebene verfügen. Neben dem Interesse an den zugrunde liegenden Geschäftsprozessen ist eine durchlässige und gute vertikale Kommunikation unerlässlich. Leadership-Schulungen und on-the-job Coaching-Maßnahmen für Führungskräfte verbessern diese wichtige Voraussetzung für gutes systemisches Arbeiten.

Für eine konsequente Umsetzung wird ein starkes Management-Engagement gebraucht.  Damit die Umsetzung wirklich gelingt, muss das gesamte erarbeitete Maßnahmenpaket umgesetzt werden. Würden nur einzelne Elemente herausgegriffen (Cherry-Picking) und andere Maßnahmen bei Seite gelassen, ist mit einem unausgewogenen Resultat zu rechnen. Das würde den systemischen Prinzipien widersprechen, zu neuen Engpässen führen und neue Reibung erzeugen.

Sowohl die kommunikativen Maßnahmen als auch die konsequente Umsetzung der erforderlichen und beschlossenen Umsetzungsschritte können durch ein gutes Projektmanagement, gepaart mit einer hohen Umsetzungsdisziplin, erfolgreich bewältigt werden.

3 Fazit

Die CyberPractice®-Methode ist eine Anleitung, Geschäftsprozesse als Systeme zu verstehen und sie systemisch sinnvoll zu gestalten.

Die Methode basiert auf kybernetischen Grundsätzen und funktioniert, ohne dass diese Prinzipien jedem explizit bewusst sein müssen. Eine ganzheitliche Betrachtung der Geschäftsprozesse in geschlossenen Systemkreisen mit entsprechenden Rückkopplungsmechanismen wird dadurch umgesetzt, dass die Betroffenen selbst ihren Prozess gemeinsam gestalten und leben. Dabei müssen die Wirkungszusammenhänge – anders als bei anderen Methoden, wie einer Sensitivitätsanalyse oder System Dynamics, – nicht explizit gemacht werden; sie werden vielmehr direkt miteinander ausgetragen und Störgrößen werden wirksam ausgeregelt, was dieser Methode einen besonderen Charme verleiht. Mit dem Auftreten von Störgrößen wird sofort im interdisziplinären Dialog eine systemisch verträgliche Lösung erarbeitet und gegebenenfalls auch der Prozess selbst unmittelbar weiterentwickelt und angepasst. Die Analyse und die Umsetzung fallen quasi zusammen. Die Lösungen, die das Systemische Kompetenz-Team entwickelt, entspringen dem System als Ganzem und sind deshalb gut durch- und umsetzbar.

Die CyberPractice®-Methode ist ein Verfahren, das die Betroffenen in die Gestaltung von Lösungen einbindet. Deshalb führt sie zu guten Ergebnissen, manchmal auch (nur) zu sehr guten Kompromissen, die aber gemeinsam getragen werden und deshalb durchsetzungsfähig und besser sind als der Versuch, „die reine Lehre“ top-down anzuweisen. CyberPractice® greift nichts anderes auf, als das, was Fach- und Führungskräfte täglich erleben. Die Beteiligten werden auf natürliche Weise an kybernetische Prinzipien herangeführt. Sie lernen, sich angstfrei in der Parallelwelt des Systemischen Kompetenz-Teams® zu äußern, sehen, wie Systeme Sinnvolles selbst hervorbringen können und wie Menschen einbringen können, was in ihnen steckt.

In Zeiten steigender Informationsflut und zunehmend divergierender Interessen bei steigender Komplexität kommt es auf ein breit angelegtes, gutes Verständnis des Zusammenwirkens an. Die Methode macht sich die Eigenschaft der kollektiven Intelligenz zu eigen und nutzt damit eine Facette der Schwarmintelligenz, die besagt, dass Viele regelmäßig zu einer besseren Entscheidung gelangen als Einzelne. CyberPractice® schafft die Voraussetzungen hierfür.

Deshalb liefern Prozesse, die nach der CyberPractice®-Methode entwickelt und geführt werden, bestmögliche Ergebnisse bezüglich der Dimensionen Qualität, Zeit und Kosten zum Vorteil aller Beteiligten. Dadurch steigen sowohl die Kunden- als auch die Mitarbeiterzufriedenheit, die ihrerseits in Form positiver Rückkopplungen zur weiteren Entwicklung des Systems beitragen.

Die Akzeptanz und die Wirksamkeit des CyberPractice®-Ansatzes in der Unternehmenspraxis sind erwiesen. Damit haben wir eine Lösung gefunden, die methodisch den Anforderungen komplexer Herausforderungen gerecht wird und gleichzeitig in der Unternehmenspraxis praktikabel ist. Die Methode CyberPractice® unterstützt das formale Management laufend bei der systemisch sinnvollen Entscheidungsfindung in der Organisation.


[1] Das Kanban-Prinzip wurde 1947 von Taiichi Ohno in der Toyota Motor Corporation entwickelt und eingeführt. Kanban ist ein Verfahren der kurzfristigen Disposition, das sich am Supermarktprinzip orientiert: Entnimmt ein Verbraucher einem Regal einen Artikel, wird die entstehende Lücke wieder aufgefüllt. Es sollen möglichst genauso viele Artikel vorgehalten werden, dass der unmittelbare Bedarf gedeckt werden kann.

[2] Craig Reynolds entwickelte 1986 eine computergestützte Schwarmsimulation aus sogenannten „Boids“, kleinen dreieckigen Objekten, die sich kollisionsfrei miteinander bewegen und kollektives Verhalten zeigen.

[3] William Ross Ashby zeigte eines der zentralen kybernetischen Erkenntnisse auf, dass nämlich ein System in einem komplexen Umfeld umso mehr Störungen ausgleichen kann, je größer seine Handlungsvarietät ist.

[4] S. Boysen, Werner: Management Turnaround. Wie Manager durch enzymisches Management wieder wirksam werden, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2009.

[5] Vgl.: Senge, Peter: Die fünfte Disziplin, Klett-Cotta, Stuttgart, 2006.

[6] Boysen, Werner: Management Turnaround – Wie Manager durch enzymisches Management wieder wirksam werden, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2009.

Dr. Werner Boysen

Dr. Werner Boysen ist selbständiger Managementberater mit besonderer Ausrichtung auf die nachhaltige Ertragssteigerung und die Stabilisierung von Unternehmen. Mit seiner Dr. Boysen Management + Consulting GmbH (www.dr-boysen-management.de) hat er die virtuelle Managementberatung „consultingcheck“ (www.consultingcheck.de) konzipiert und umgesetzt.

Carola Roll

Komplexität am Beispiel Kennzahlensysteme im Sondermaschinenbau

Komplexität – was ist das?

Der Begriff Komplexität verkommt im Businesskontext immer mehr zu einem Buzzword. Aber was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff, der sich deutlich von der umgangssprachlich oft synonym verwendeten Kompliziertheit abgrenzt? Und noch viel wichtiger: wie sieht ein erfolgreicher Umgang mit Komplexität aus?

Die Wurzeln des Begriffs finden sich im Lateinischen: “complexus” bedeutet “miteinander verflochten”.

Der Begriff Komplexität selbst hat seit den 1970er Jahren Eingang in die Umgangssprache gefunden und wird dort seither sehr undifferenziert verwendet. Es gibt unterschiedliche Ansätze und Auffassungen von Komplexität. Dies spiegelt wider, dass Komplexität subjektiv ist und vom Kontext, den Akteuren und den Beobachtern abhängt.

Hans Ulrich (1988, 2001), ehemaliger Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen, drückt sein Verständnis von Komplexität wie folgt aus: Komplexität ist die Fähigkeit eines Systems, in kurzen Zeiträumen eine große Anzahl verschiedener Zustände anzunehmen. Maschinen sind „triviale“ Systeme, deren Verhalten vorbestimmt und vorhersehbar ist. Ökologische und soziale Systeme sind komplexe, „nicht-triviale“ Systeme, deren Verhalten zu bestimmten Zeitpunkten nicht vorhersehbar ist.

Als Faustregel bedeutet Komplexität, dass ein System viele Elemente, Beziehungen und Zustände aufweist, die sich im Laufe der Zeit verändern. Diese Veränderungsmöglichkeit wird über die Varietät erfasst. Varietät ist laut Stafford Beer (1985) eine Maßzahl für Komplexität, da diese die Anzahl der möglichen Zustände eines Systems widerspiegelt.

Auch das Cynefin-Modell ist ein populärer Ansatz zur Darstellung von Komplexität im Systemkontext. Es stammt von Dave Snowden (2007), einem Unternehmensberater und Forscher aus Wales. Das Modell differenziert zwischen den vier Ausprägungen einfach, kompliziert, komplex und chaotisch (Snowden & Boone, 2007).

Diese wenigen, exemplarischen Definitionen verdeutlichen, dass der Umgang mit Komplexität kein einfaches Unterfangen ist. Jedoch kann in Annäherung an Ashby´s Law of Requisite Variety festgestellt werden, dass, je komplexer eine Situation ist, desto mehr Personen, Disziplinen und Methoden erforderlich sind, um erfolgreich mit eben dieser Situation umzugehen.

Wofür nutzt es?

Um herauszufinden, wie im Unternehmen erfolgreich mit Komplexität umgegangen werden kann, empfiehlt sich die Nutzung des Viable System Models (VSM) nach Stafford Beer. Dieses Modell orientiert sich an Informationsstrukturen, wie sie in der Natur durch Evolution geschaffen wurden. Dies stellt beispielsweise Fredmund Malik mit folgender Aussage heraus: „Komplexität zu meistern und dadurch die Logik der Evolution als Vorteil auf seiner Seite zu haben, macht das Management von und in komplexen Systemen beinahe zum Vergnügen“ (Hetzler, 2010).

In der praktischen, industriellen Anwendung bedeutet erfolgreicher Umgang mit Komplexität effektives Projektmanagement, Troubleshooting und meist auch Kosteneffizienz. Letztere wird aufgrund der Globalisierung und zunehmenden weltweiten Vernetzung sukzessiv immer wichtiger wird, um die Wettbewerbsfähigkeit weiterhin zu gewährleisten.

Welche praktischen Anwendungen gibt es?

Die komplexen Anforderungen im Unternehmen erlebe ich täglich bei meiner Tätigkeit im Sondermaschinenbau. Dazu gehören zum einen die kontinuierliche Verbesserung von Maschinen und Anlagen – und zum anderen die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten von Menschen und Prozessen. Beides muss aufeinander abgestimmt und bei gleichzeitig wirtschaftlicher, wettbewerbsfähiger Preisgestaltung gemanagt werden. Dies erfordert eine aufwandsgerechte Ressourcenallokation, aber es muss auch der Ist-Zustand mit Entwicklungs- und Verbesserungspotenzialen aufgezeigt werden. Um hierzu eine rationale Bewertungsgrundlage zu definieren, wurde bei uns im Unternehmen eine Abstufung in drei Komplexitätsstufen anhand von insgesamt zehn Kriterien entwickelt. Zu diesen Kriterien zählen:

  • Kosten,
  • Termine,
  • Risiko,
  • Genauigkeitsgrad,
  • Messung,
  • erforderliche Qualifikationen,
  • Projektmanagement,
  • Dokumentation,
  • Abwicklung,
  • Zertifizierungen.

Die Kriterien werden in drei aufeinander aufbauende Komplexitätsstufen (Stufen 1-3) mit Hilfe jeweils untergeordneter Kennzahlensysteme differenziert, wie die Abbildung zeigt:

Die Zuordnung zur jeweiligen Teilkomplexitätsstufe (farbig markiert) ergibt sich aus den Werten, die bei der Berechnung bzw. Auswertung der zugeordneten Kennzahlen erzielt werden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass einzelne Kennzahlen sowie Kriterien aufgrund ihrer Gewichtung die Summe der übrigen Kriterien übersteuern können. Die Anwendung der Komplexitätsstufen erlaubt somit sowohl die genaue Betrachtung und Bewertung eines Projekts im Kontext des risikobasierten Ansatzes des Qualitätsmanagements als auch die Möglichkeit zur Positionierung des Unternehmens in einem zukunftsfähigen und – hinsichtlich des Wachstums – vielversprechenden Marktbereich.

Wo gibt es weiterführende Informationen zu dem obigen Text?

  • Ashby, R. W. (1985). Einführung in die Kybernetik (2. Auflage ed.). Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Beer, S. (1985). Diagnosing the System for Organizations. Chichester: John Wiley & Sons.
  • Hetzler, S. (2010). Real-Time Control für das Meistern von Komplexität. Frankfurt am Main: Campus VerlagGmbH.
  • Frahm, M. und Roll, C. (2022). Designing Intelligent Construction Projects. Chichester: John Wiley & Sons.
  • Snowden, D. und Boone, M. (2007). A leader’s framework for decision making. https://hbr.org/2007/11/a-leaders-framework-for-decision-making

Ein Austausch zum Thema ist möglich mit:

Frau Carola Roll, Strategie- und Nachhaltigkeits-Managerin
bei JELBA Werkzeug- u. Maschinenbau GmbH & Co. KG

Das Profil von Frau Roll finden Sie hier.

Wolfgang Schröder

Haben Sie Ihre Führungskomplexität im Griff?

Letztendlich werden Führungskräfte verantwortlich gemacht für die Ergebnisse, die in ihrem Verantwortungsbereich erreicht werden. Globalisierung, Technologieentwicklungen, insbesondere Digitalisierung, staatliche Regulierungen, veränderte Erwartungen in der Gesellschaft und bei MitarbeiterInnen führen heute zu einem hohen, permanenten Veränderungsbedarf. Führung ist komplexer geworden. Dafür müssen Führungskräfte Antworten haben. Grundlagen dafür bieten Systemtheorie und Kybernetik. Damit sollen Systeme so strukturiert werden,“dass sie die hohe Komplexität von Umwelt und System angemessen bewältigen können”. Ein Gedankenexperiment zeigt zu Beginn wie schnell sich Komplexität entwickelt. Danach stehen praktikable, bewährte Vorschläge im Mittelpunkt, um mit Komplexität fertig zu werden.

Machen Sie mit bei einem kleinen Experiment. In Abb. 1 sehen Sie EIN Dreieck.

Abb. 1 Dreieck 1

Dieses Dreieck soll den Kern von Führung beschreiben. Führungskräfte müssen drei wesentliche Elemente in den Griff bekommen: Führungskräfte sollen Strategien / Ziele (1) erreichen, zusammen mit fähigen, motivierten MitarbeiterInnen / Team (2) über effektive Wege, also Aufgaben / Prozesse (3). Das ist schön, wenn man das weiß, aber es hilft praktisch nicht wirklich weiter.

Abb. 2 soll Führung als differenzierteres Modell darstellen. Das ursprüngliche Dreieck wird durch drei Linien in Felder aufgeteilt. Sie stellen die vertiefte Beschreibung der drei Elemente dar, mit Inhalten, Definitionen und Erklärungen, also die Theorie. In der Mitte entsteht ein Feld für Gemeinsamkeiten, übergeordneten Abhängigkeiten und grundlegenden Fakten und Informationen. Wie viele Dreiecke sehen Sie?

Abb. 2 Dreieck 2

Gut – es sind 5 Dreiecke, wenn man das ursprünglich erste Dreieck mitzählt.
Wir unterteilen nun das ursprüngliche Dreieck weiter durch wieder nur drei zusätzliche Linien. Damit soll ausgedrückt werden, dass unser Modell nun praxisrelevant wird. Es enthält auch das notwendige Führungs-Knowhow, um Theorie umzusetzen. Also alle notwendigen Systeme, Prozesse, Maßnahmen, Methoden und Interdependenzen. Damit kann Führung gestaltet werden. Wie viele Dreiecke sehen Sie jetzt in Abb. 3?

Abb. 3 Dreieck 3

Wenn Sie auf weniger als 30 Dreiecke kommen, liegen Sie völlig falsch.

Es sind erheblich mehr. Der Sprung in der Komplexitätssteigerung ist bei der Geometrieaufgabe im Kopf nicht oder kaum nachvollziehbar.
Genauso ist es mit Führung. Auch die Führungskomplexität können Sie nicht im Kopf komplett erfassen und der Bauch ist ein unzuverlässiger Ratgeber, insbesondere wenn sie nicht über die wesentlichen Informationen verfügen. Über 30 Informationsinhalte müssen mit Führungs-Knowhow verknüpft und beurteilt werden, um tragfähige Führungsentscheidungen zu treffen und um den Führungsprozess im Griff zu behalten:

  1. Aus der Mission, dem Zweck des eigenen Verantwortungsbereichs und aus Jahreszielen operative Zielfelder und SMART-Ziele ableiten
  2. daraus die richtigen Aufgaben mit KPIs (Key Performance Indicators) ableiten
  3. daraus die dafür notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten ableiten
  4. Aufgaben effektiv und motivierend über eine Kapazitätsplanung auf MitarbeiterInnen und sich selbst verteilen und Arbeitsprozesse definieren
  5. dabei Entwicklungsinteressen und -potenziale der MitarbeiterInnen berücksichtigen, aber auch die eigene Work-Life-Balance
  6. Bildungs- und Entwicklungsbedarfe für Bereich und Personen ableiten, geeignete Maßnahmen auswählen und realisieren
  7. die Zielerreichung über Projekt-Management und tägliche Führungsarbeit lenken, bei Veränderungen pragmatisch, aber strategieorientiert handeln.

Und das alles zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denn nur wer Betroffene zu Beteiligte macht, steigert Engagement und senkt Veränderungswiderstände.

Außerdem beeinflussen sich Prozessschritte gegenseitig: So kann die Arbeitsverteilung erst dann realistisch geplant werden, wenn der Zeitbedarf für die Aufgabenbearbeitung über KPIs (Key Performance Indicator) bekannt ist. Der Zeitbedarf wird jedoch von den Fähigkeiten und der Motivation der Mitarbeiter sowie den Arbeitsmitteln und Prozessen bestimmt. Da die Mitarbeiterkapazität immer zu knapp ist, muss entschieden werden, wie viel der knappen Zeit in welche Aufgabe investiert werden soll und ob, unter diesem Aspekt betrachtet, Aufgaben nicht anders bearbeitet werden müssen. Die Bedeutung der Aufgaben muss also geklärt sein. Das setzt voraus, dass die Ziele geklärt sind, denn Aufgaben sind Wege zur Zielerreichung. Lösungen betreffen deshalb sowohl Führung als auch Personalmanagement und Personalentwicklung.


Sehen Sie sich den Führungsprozess an: Haben Sie ihn im Griff?

Die Komplexität von Führung wird auch durch folgendes Modell deutlich (Abbildung 4):

Abb. 4 Komplexität der Führung (Dr. W. Schröder)

Ziele mit Aufgaben, Prozessen und den einzelnen Teammitgliedern zu kombinieren ist die Funktion von Führungskräften. Das ist in den letzten Jahren viel schwieriger geworden. Insbesondere Digitalisierung verändert Arbeitsinhalte und notwendige Fähigkeiten. Da alle Aufgaben, die programmierbar sind, digitalisiert werden, bleiben komplexe und komplizierte Aufgaben übrig. Deshalb werden die meisten MitarbeiterInnen zu Experten und Spezialisten. Sie haben gestiegene Erwartungen an Freiräume, Beteiligung an Entscheidungen, sinnvoller Arbeit und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Peter Drucker beschrieb schon 2002 eine zutreffende Einschätzung: „In einer traditionellen Belegschaft dienen die Arbeiter dem System. Wenn allerdings die Mitarbeiter eines Unternehmens aus Spezialisten bestehen, ist das System ihnen untergeordnet.” (Drucker, P.: Es sind nicht Arbeitnehmer – es sind Menschen. In: Harvard Business Manager, 24. Jg., 4/2002, S. 74 – 84). Aus allen heute aktuellen Herausforderungen entsteht ein hoher, komplexer, permanenter Veränderungsbedarf. Die Auslöser für Veränderungen können aus jeder Ecke des Dreiecks kommen.

Um mit diesen Veränderungen erfolgreich umzugehen brauchen Führungskräfte konkretes Anwendungswissen auf den Feldern Führung, Personalmanagement und Personalentwicklung. Dieses Anwendungswissen muss in Tools transportiert werden, nicht in Aufsätzen oder Theorieabhandlungen. Tools strukturieren Denkprozesse. Der Anwender bearbeitet das Tool mit den eigenen Daten oder folgt wenigstens im Kopf dem Denkprozess, der dem Tool zugrunde liegt. Damit wird Führungswissen direkt mit den Herausforderungen des Anwenders verknüpft. Heute können diese Tools mit einfachen IT-Lösungen (MS Excel, Powerpoint, Word) flexibel und ohne großen Aufwand auch dezentral durch Führungskräfte eingesetzt werden. Die Entwicklung von Tools läuft in Phasen ab. Zuerst sind sie primitiv. Anwendungserfahrungen lassen sie dann sehr schnell kompliziert werden, bis hin zur Praxisferne. Erst nach diesen Erfahrungen können sie einfach werden. Tools entwickeln sich deshalb über Prototypen und das braucht Zeit. Dann aber transportieren sie bewährtes Führungswissen. Theorie wird damit direkt angewendet. Tools sind der Schlüssel, wenn Führungstheorie angewendet werden soll. Systemdenken eröffnet deshalb neue Perspektiven. Neue Begriffe wie “New Work” oder “Agilität” halten nur dann was sie versprechen, wenn Führung, Personal-Management und Personalentwicklung verknüpft, als Ganzes gesehen und auf der Basis von Erfahrungen mit neuen Methoden und Tools auch umgesetzt werden.

In einem gerade erschienenen Buch werden für die Kombination von Zielen, Aufgaben und Personen/Team konzeptionelle Grundlagen, Einführungsprozesse und Anwendungstipps detailliert beschrieben. Über 40 Tools können im Original (Word, Excel, PowerPoint) zum Download aus einer Toolbox im Internet übernommen und direkt angewendet oder an eigene, spezifische Anforderungen angepasst werden. Die Tools konkretisieren:

  • Zielmanagement (u. a. Veränderungsbedarfe aus Unternehmenszielen ableiten; über Zielklausuren, Smart-Ziele, Projektmanagement, Meilensteine erreichen)
  • Personalentwicklung-Planung (u.a. Potenzialeinschätzung, Mitarbeitergespräch, qualitative Personalplanung, Personalklausur, Entwicklungswege im Unternehmen)
  • Personalentwicklung/Personalmanagement-Maßnahmen (u.a. Job-Matrix; Veränderungen durch Neuorganisation, Stellenneubesetzungen, Einarbeitung, Team-, Organisationsentwicklung, Training on the Job)
  • ein toolgestütztes Lern- und Umsetzungsprogramm für Führungskräfte, mit dem Führungskräfte ihre Führungsmaßnahmen mit ihren eigenen Daten erarbeiten können

Das wurde vorwiegend in Hightech Unternehmen entwickelt. Konkrete Anforderungen und Analysen waren die Auslöser. Dort konnten schon seit den 1990er Jahren Herausforderungen erlebt werden, die heute alle Unternehmen betreffen. Es entstanden neue Perspektiven, valide Konzepte und im Laufe der Zeit eben funktionierende Tools.
Über 30 Praxisbeispiele belegen den Nutzen: Durch die Konzepte und Tools verbessern sich Unternehmensergebnisse nachweisbar. Führungskräfte werden zu Architekten ihres Bereiches, zu Personalentwicklern der MitarbeiterInnen und zu ergebnisorientierten Teamleitern.
Außerdem sind die Tools ein gutes Training der Führungskräfte für das Thema Digitalisierung. Buch und downloadbare Tools ersetzen so manches viel teureres Seminar.

Übrigens, es sind 47 Dreiecke.

Das Buch ist als Hardcover im Buchhandel und in vielen Shops erhältlich z.B. als E-Book über viele Stores z. B. in der Kindle Version mit der ISBN 9783755743767

Dieser Beitrag wurde 2011 auf business-wissen.de veröffentlicht. Er wurde 2022 aktualisiert und um Handlungsempfehlungen ergänzt, die sich seitdem weiterentwickelt haben.

Dr. Wolfgang Schröder
58540 Meinerzhagen
Tel. 02354-6566
Dr.W.Schroeder@t-online.de
www.dr-schroeder-personalsysteme.de

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