Wiener-2001

Narrative, Feedback und Steuerung – Kybernetik trifft Politikgestaltung

Am 25. Juni 2025 fand das 3. SynergyLab der GWS e.V. statt – ein offenes Gesprächsformat für alle, die systemisches Denken, kollektive Intelligenz und kybernetische Perspektiven auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen vertiefen möchten. Dieses Mal war Adrian Brozek (KU Leuven) als Impulsgeber zu Gast.

Politik als komplexes System – eine kybernetische Betrachtung

Unter dem Titel „Krieg, Klima, Krankenhausreform – Eine kybernetische Betrachtung politischer Wirklichkeitskonstruktion“ eröffnete Adrian Brozek einen tiefgehenden Dialog über den Zusammenhang zwischen Narrativen, Rückkopplungseffekten und politischer Steuerung. Dabei rückte er die Frage ins Zentrum, wie sich Wirklichkeit in politischen Prozessen durch Sprache, Kommunikation und institutionelle Reaktionen konstruiert – und welche Rolle kybernetisches Denken dabei spielen kann.

Zentrale Erkenntnisse des Abends:

  • Narrative wirken nicht beiläufig, sondern strukturieren politische Realität.
  • Rückkopplung geschieht sozial: durch Meinungsbildung, Medien, Wahlergebnisse, Protest.
  • Komplexe Systeme lassen sich nicht linear steuern – es braucht reflexive, adaptive Formen der Governance.
  • Kybernetische Begriffe wie „Beobachtung zweiter Ordnung“ oder „Systemgrenze“ sind hilfreich, um politische Dynamiken mehrdimensional zu verstehen.
  • Politik ist auch Kommunikation über Handlung – wer welche Geschichten erzählt, hat Einfluss.
  • Die Grenzen von Systemen entstehen durch Diskurse, Machtverhältnisse und Wahrnehmungen.
  • Politische Steuerung muss mit Unsicherheit, Verzögerung und unvollständigem Feedback umgehen.
  • Policy-Making ist kein Umsetzungsplan, sondern ein kontinuierlicher, diskursiver Prozess.

Reger Austausch im offenen Format

In der Diskussion wurde deutlich, wie vielfältig die Perspektiven auf politische Wirklichkeit sind – von der politischen Praxis über Governance-Forschung bis hin zur Systemtheorie. Die Teilnehmenden diskutierten Fragen wie:

  • Was kann Kybernetik zur Beobachtung politischer Diskurse beitragen?
  • Wie lassen sich narrative Rückkopplungseffekte empirisch untersuchen?
  • Inwieweit sind klassische Steuerungsbilder heute noch tragfähig?

Dabei zeigte sich: Die Kybernetik bietet keinen festen Werkzeugkasten, sondern ein reflexives Denkmodell für komplexe gesellschaftliche Prozesse – mit hohem Potenzial für interdisziplinäre Kooperation.

Mehr erfahren & mitgestalten

Die SynergyLabs der GWS sind offen für alle, die systemische Ansätze in Gesellschaft, Politik und Organisationen weiterdenken möchten.
📅 Das nächste Lab findet am 23. Juli 2025 statt – mit neuen Impulsen und wieder Raum für Austausch, Perspektiven und Querdenken.

Weitere Informationen und Kontakt:
🔗 synergylab.space
📧 office@gws-kybernetik.org

Bildnachweis: Gedenkstunde zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai 2025: Übersicht des Plenarsaals während der Begrüßungsansprache von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, CDU/CSU, MdB. Ort: Reichstagsgebäude, Plenarsaal, Berlin / Deutschland. Aufgenommen: 08. May 2025, 12:39 Uhr. Bildnummer: 5025248. Fotograf/in: Thomas Köhler / photothek. Dieses Bild darf für private und kommerzielle nicht-werbliche Zwecke genutzt werden. Die Verwendung des Bildes in sozialen Medien ist gestattet.

Sven-Volker Rehm

Plattformen für Urbane Experimente

Wie können Städte, Gemeinden und Metropolregionen das Ziel der Urbanen Nachhaltigkeit verfolgen? Dieser im April 2021 im Journal Smart Cities erschienene eingeladene Beitrag diskutiert Wege und Hilfsmittel zur Gestaltung eines urbanen Dialoges. Ko-Autor des Artikels ist GWS-Mitglied Sven-V. Rehm.

Der Beitrag fokussiert die Rolle digitaler Urban Experimentation Platforms (UXPs) für die Gestaltung Urbaner Nachhaltigkeit. Der Beitrag charakterisiert Urbane Nachhaltigkeit als holistische Aufgabe, die nur durch kontinuerliches Feedback von bürgernahen und von Bürgern angestossenen Initiativen lokal relevante Lösungen für dringende Probleme finden kann. Urbane Nachhaltigkeit soll dadurch als ständiger Verbesserungsprozess und Dialog etabliert werden, der auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren kann. Bürger/-innen, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung sind gemeinsam über UXPs als digitale Plattformen in diesen Prozess eingebunden. Drei Aspekte sind dabei von besonderer Bedeutung: (1.) Die Governance urbaner Geschäfts-Ökosysteme, (2.) die Befähigung von Bürgen/-innen zur gemeinschaftlichen Innovationen – diese geschieht im Rahmen von Living Labs in Zusammenarbeit mit Forschungsinstitutionen, Unternehmen und Verwaltungen sowie (3.) die methodische (digitale und praktische) Unterstützung der Entwicklung regionaler bzw. lokaler Innovationen, die sich spezifisch auf die jeweiligen Bedürfnisse und Herauzsforderungen beziehen.

Die Einsichten basieren auf mehreren europäischen Gemeinschaftsforschungsprojekten sowie Projekten in der Metropolregion München. Es werden insbesondere konkrete Vorschläge für die Rolle von Verwaltungen und für die Einbindung von Unternehmen und Bürgern/-innen formuliert.

Der Beitrag nutzt Einsichten der kybernetischen Hierarchiemethodik für das Management großer komplexer Systeme und wendet diese auf die aktuelle gesellschaftliche Fragestellung der Urbanen Nachhaltigkeit an. Die Dynamik der in den Städten gestalteten Lösungen wird mithilfe von System Dynamics modelliert.

Der eingeladene Beitrag erschien Ende April 2021 im Smart Cities Journal (MDPI). Die Koautoren sind GWS-Mitglied Sven-V. Rehm, Shane McLoughlin von der Maynooth University, Irland, und Giovanni Maccani von Ideas for Change, Barcelona. Den Open Access-Artikel finden Sie hier.

Ein grafisches Summary des Artikels:

Rehm, Sven-Volker; McLoughlin, Shane; Maccani, Giovanni. 2021. “Experimentation Platforms as Bridges to Urban Sustainability” Smart Cities 4, no. 2: 569-587. https://doi.org/10.3390/smartcities4020030

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